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Der EZB-Entscheidung wurde mit Sorge entgegengesehen. Die Probleme einzelner Banken liessen einige erwarten, dass man den Kurs aufweichen könnte. Wie würde der Markt das aufnehmen? Doch die EZB blieb konsequent – und der Euro Stoxx 50 stieg. Entwarnung?
Wenn die Kunden ihr Geld zu schnell und in zu grossem Umfang abziehen, bekommen Banken ein Problem. Bislang hatten das nur einige US-Regionalbanken zu spüren bekommen. Und in Europa die Credit Suisse, die aber schon längere Zeit unter Druck stand und darüber hinaus als Schweizer Bank kein unmittelbares Problem der EU ist. Aber die Meldungen über schliessende oder zu rettende Banken machten vielen Investoren einen Aspekt klar, den sie zuvor ignoriert hatten: Stark steigende Zinsen nach Jahren billigen Geldes können zwar die Inflation bekämpfen. Aber ganz sicher haben sie auch Nebenwirkungen, die Banken zu schaffen machen können. Und mit ihnen auch der Gesamtwirtschaft.
Daher war man im Vorfeld der gestrigen EZB-Entscheidung äusserst nervös. Zum einen konnte niemand absehen, ob diese Entwicklung die EZB dazu bringen würde, die bei der letzten Sitzung Anfang Februar bereits avisierte Anhebung des Leitzinses von 3,0 auf 3,5 Prozent auf 0,25 Prozent zurückzunehmen oder gar ganz bleiben zu lassen. Zum anderen war man sich unsicher, ob das dann eine gute Massnahme zur Stabilisierung der Konjunktur wäre oder aber man dadurch dann vom Regen in die Traufe käme, weil dann die Inflation nicht gestoppt, sondern zu einem die Wirtschaft am Ende doch massiv abwürgenden Dauerproblem würde.
Jetzt wissen wir: Die EZB hielt Kurs und hob den Hauptrefinanzierungssatz, den sogenannten Leitzins, wie geplant um 0,50 Prozentpunkte an. Und wir wissen auch, dass der Euro Stoxx 50 diesen Handelstag zwei Prozent höher beendete und dabei knapp über der runden Marke von 4.000 Punkten nach oben drehte. Bedeutet das die Entwarnung? Ist die Korrektur vorüber?
Expertenmeinung: Es ist sicher richtig, dass man diese Konsequenz der EZB positiv werten kann. Denn damit wird deutlich gemacht, dass man keine faulen Kompromisse bei der Inflationsbekämpfung eingehen wird – was für den Markt grundsätzlich positiv ist. Zugleich hat das Kurs halten eine psychologische Seite, indem man suggeriert, dass es überhaupt keinen Grund gibt, wegen der Banken Korrekturen vorzunehmen, weil es gar keine Probleme gibt.
Aber man machte auch klar, dass das eher nicht der letzte Schritt im Zinszyklus war. Bereits jetzt liegt der Leitzins mit 3,5 Prozent so hoch wie zuletzt im Herbst 2008. Und damals war der Leitzins auf einem hastigen Weg nach unten, weil der vorherige Anstieg von 2,0 Prozent im Jahr 2005 bis auf 4,25 Prozent im Jahr 2008 mit dazu beitrug, dass der Finanzsektor massiv ins Trudeln geriet … wobei damals zwar das Platzen der Subprime-Blase die treibende Kraft war. Aber heute finden sich andere kritische Elemente wie z.B. die deutlich höhere Verschuldung vor allem bei Privathaushalten und eben die Inflation, die deutlich höhere Zinsen zu einer – wenngleich nötigen – Rosskur machen.
Dass man die Konsequenz der EZB als bullisch einstuft, ist also nicht selbstverständlich. Daher wäre es sinnvoll, diese Rallye des Donnerstags auch auf mögliche andere Ursachen abzuklopfen. Und da drängt sich die Kombination aus der charttechnischen Situation und dem heute laufenden, grossen Abrechnungstermin an der Terminbörse auf.
Der Chart des Euro Stoxx 50 auf Wochenbasis zeigt, dass es dabei am Tief weniger um die runde 4.000er-Marke ging als um die Nackenlinienzone des grossen Doppeltopps, das sich zwischen Oktober 2023 und Februar 2022 gebildet hatte. Die liegt im Bereich 4.027 und 4.047 Punkten. Und diese Zone war der nächstgelegene Supportbereich von Bedeutung, nachdem der Euro Stoxx 50 am Montag aus seiner wochenlangen Handelsspanne ausgebrochen war.

Wäre auch diese Zone gefallen, wäre eine weitere Welle an Stop Loss-Orders ausgelöst worden und hätte einen den Abstieg ausgerechnet einen Tag vor der Abrechnung der Index-Optionen und Index-Futures intensiviert. Für die grossen Adressen am Terminmarkt wäre das zu einem Waterloo geworden. Es wäre also alles andere als abwegig, die Möglichkeit einzukalkulieren, dass man die Tatsache, dass die Akteure im Vorfeld nicht recht wussten, was die EZB tun wird und wie man dann reagieren soll, nutzten, um den Index aus der Gefahrenzone zu ziehen. Denn so konnte man sicher gehen, dass viele auf den Zug aufsprangen, die sich bezüglich der Wertung der EZB-Aussagen einfach an der Reaktion der Kurse orientierten.
Aber angenommen, das und nicht die Freude über einen grossen Zinsschritt wäre die treibende Kraft des gestrigen Anstiegs gewesen, wäre die Motivation, den Euro Stoxx 50 von dieser Zone wegzubekommen ab heute Abend, wenn die letzten Abrechnungen über die Bühne sind, nicht mehr gegeben. Das hiesse: Erst kommende Woche wird sich zeigen, was diese Rallye wert war. Erst, wenn der Index dann weiter zulegt und es dann mit Schlusskursen über 4.180 Punkten wieder über die Linie schafft, die zuvor wochenlang als unteres Ende der vorherigen Handelsspanne verteidigt wurde, liesse sich zumindest auf kurzfristiger Ebene Entwarnung geben.

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