Dem DAX fehlen nur noch wenig mehr als acht Prozent zum Allzeithoch. Man setzt auf ein schnelles Ende der Inflation, bald wieder sinkende Zinsen und die Rückkehr des Wachstums. Doch ein Blick auf den Bund Future zeigt: Am Anleihemarkt tut man das nicht. Wer liegt falsch?
Um es schnell vorauszuschicken, weil beileibe nicht jeder da sattelfest ist: Der Bund Future ist das Barometer der Kursentwicklung von deutschen Bundesanleihen mit zehn Jahren Restlaufzeit am Futures-Markt. Ein steigender Bund Future bedeutet, dass die Kurse der Anleihen steigen. Und steigende Anleihekurse bedeuten, dass die Renditen, also der Zinsertrag, den man beim unmittelbaren Kauf solcher Anleihen an der Börse erzielt, sinkt.
Aber jetzt zum Punkt: Wie kann es sein, dass man am deutschen Anleihemarkt offenbar eine andere Sicht der aktuellen Lage und der Perspektiven hat als am Aktienmarkt?
Weil die Klientel der beiden Märkte nicht dieselbe ist. Am Anleihemarkt kann man zwar oft beeindruckende Kursgewinne erzielen. Aber davon abgesehen, dass das den meisten Anlegern, die sonst nur in Aktien traden, gar nicht bewusst ist, dominiert am Anleihemarkt eine eher besonnene, überlegte Vorgehensweise, hier wird mehr investiert als spekuliert. Das wiederum führt dazu, dass man am Anleihemarkt mehr Investoren mit Erfahrung und Fachwissen findet. Und unter alten Hasen weiss man: Im Zweifel hat der Anleihemarkt mit seiner Tendenz Recht. Aber was läuft dort überhaupt anders als bei DAX & Co? Dazu ein Blick auf den Chart:
Expertenmeinung: Sie wissen, dass der DAX seit Beginn des vierten Quartals 2022 massiv zugelegt hat. Beinahe drei Viertel des vorherigen Abwärtstrends sind schon wieder aufgeholt. Beim Bund Future sehen wir hingegen, dass der gegenüber seinem Kurslevel Anfang Oktober in etwa auf gleicher Höhe notiert. Und das passt nicht zusammen, denn:
Gerade erst zur Jahreswende hatte der Bund Future ein neues Tief markiert, die Rendite für Bundesanleihen mit zehn Jahren Laufzeit war da auf stattliche 2,5 Prozent gestiegen, so viel bekam man zuvor das letzte Mal im August 2011. Und auch seither ist die Rendite eher moderat gesunken, der Bund Future nur eher mässig gestiegen. Das bedeutet:
Die Nachfrage nach Anleihen ist nicht einmal jetzt, bei Renditen deutlich über zwei Prozent, hoch. Das müsste sie aber sein, wenn man auch am Anleihemarkt davon ausgehen würde, dass die EZB den Leitzins nur noch wenig anhebt und bald wieder senkt, weil die Inflation im Griff ist. Würde man davon ausgehen, wären Anleihen mit dieser Rendite eine hervorragende Kaufgelegenheit. Denn wenn die Inflation verschwindet, hätte man mit der ja gegenüber dem Kauf dann für die gesamten zehn Jahre gleich hoch bleibenden Rendite bald einen positiven Realzins, etwas, das seit Jahren nicht über längere Zeit möglich war. Und wer vorher aussteigen wollte, würde die Chance auf satte Kursgewinne haben, denn mit sinkenden Leitzinsen würde sich die Rendite nach unten anpassen und der Kurs der Anleihen und mit ihnen der des Bund Future steigen. Aber man greift eben nur verdächtig verhalten zu.
Und grundsätzlich hat diese Zurückhaltung Hand und Fuss, nicht umsonst warnt die EZB stetig davor zu glauben, die Inflation würde jetzt zügig von alleine verschwinden. Das aber sieht man am Aktienmarkt anders, dort tradet man derzeit massiv gegen die Notenbank. Eine gewagte Sache, die am Ende mehrheitlich schiefgeht. Was den Bund Future selbst angeht:
Wenn die Zinswende kommt und der Bund Future das reflektiert, wäre hier eine herausragende Long-Chance gegeben. Aber noch läuft das Anleihebarometer in einem absolut intakten Abwärtstrend. Erst, wenn es gelingt, über der derzeit bei 146,50 Prozent verlaufenden, übergeordneten Abwärtstrendlinie zu schliessen, wäre hier ein Signal gegeben, das mit der Hausse am Aktienmarkt konform ginge. Aber bis dahin könnte es noch ein weiter Weg sein.

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