Euro-Bund Prognose Bund Future: Frühstart wird korrigiert … wie weit kann das gehen?

News: Aktuelle Analyse des Euro-Bund Futures

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Euro-Bund
ISIN: DE0009652644
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Ticker: GBL
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Währung: EUR

Im Oktober 2023 begann eine Kaufwelle, die auf der Erwartung bald und deutlich sinkender Zinsen basierte. Aber während man beim DAX weiter so tut, als sei alles bestens, rudert man am Anleihemarkt längst zurück und testet beim Bund Future jetzt eine entscheidende Linie.

Kaum verbreitete sich die Erwartung, dass die ersten Leitzinssenkungen um die Ecke warten und der Zins dann, aufgrund einer restlos besiegten Inflation, massiv und schnell gesenkt würde, wollten immens viele Trader sofort am Anleihemarkt mitmischen. Denn da, im Herbst, waren die Renditen noch hoch. Die wollte man sich für Jahre sichern, zumal man bei sinkenden Renditen am Anleihemarkt noch zusätzlich die Chance hat, mit bereits im Depot befindlichen Anleihen Kursgewinne zu erzielen.

Obwohl diese Kaufwelle dies- wie jenseits des Atlantiks immense Summen in den Anleihemarkt leitete, reichte es am Aktienmarkt trotzdem für eine beeindruckende Hausse. Was jedoch impliziert, dass das freie Kapital bei den Investoren deutlich knapper geworden sein dürfte. Aber jetzt fliesst bei den Bonds wieder Geld ab, weil die gemeinhin erfahrenen und enger an den Fakten agierenden Investoren am Anleihemarkt erkannten:

Man hatte sich verleiten lassen, einen Frühstart hinzulegen. Statt im März kommen die Leitzinssenkungen später … und auch, wenn man unter den Anlegern den Beginn der Senkungen nur zögerlich nach hinten zu korrigieren bereit ist: Es ist noch nicht einmal sicher, dass die Notenbanken die Leitzinsen 2024 überhaupt über eventuelle kleine, kosmetische Schritte hinaus senken können und werden.

Und das führt dazu, dass die Hausse des Bund Future, des Kursbarometers für Bundesanleihen mit zehn Jahren Laufzeit am Futures-Markt, aktuell zu ziemlich genau 50 Prozent zurückgenommen wurde. Reicht das, um neue Käufe zu motivieren und in einer zweiten Welle das Dezember-Hoch bei 138,84 Prozent zu überwinden?

Expertenmeinung: Womöglich nicht. Ein Vorteil des bullischen Lagers wäre zwar, dass diese 50-Prozent-Korrektur nahe der 200-Tage-Linie läge, die über das Jahr 2023 immer wieder als effektiver Widerstand fungierte und daher jetzt, nachdem sie überboten wurde, eine wichtige Unterstützung darstellt. Aber genau die droht jetzt zu brechen, statt als Sprungbrett zu dienen.

Bund Future: Chart vom 21.02.2024, Kurs 132,36 Prozent, Kürzel: GBL | Online Broker LYNX
Bund Future: Chart vom 21.02.2024, Kurs 132,36 Prozent, Kürzel: GBL | Quelle: TWS

Der Hintergrund: Am Mittwochabend wurde das Protokoll der letzten US-Notenbanksitzung veröffentlicht. Und die Details dieser Sitzung bargen keine Argumente, dass Zinssenkungen in den USA früher kommen als man zuletzt einsehen musste. Die meisten Mitglieder des Offenmarktausschusses, des Entscheidungsgremiums der US-Notenbank, verwiesen auf die Risiken zu früh erfolgender Leitzinssenkungen. Und einige Mitglieder sahen sogar die Gefahr, dass die Fortschritte bei der Inflation stagnieren könnten. Dass die EZB einen anderen, in Sachen Zinssenkungen offensiveren Kurs fahren könnte, ist unwahrscheinlich … und das führte am Mittwochabend dazu, dass der Bund Future die bei 132,61 Prozent verlaufende 200-Tage-Linie unterbot.

Damit wäre der Weg für eine Fortsetzung der Abwärtskorrektur frei. Der Bund Future müsste zumindest über dem Vorwochen-Verlaufshoch bei 134,18 Prozent schliessen, um dieses gestrige, bärische Signal vom Tisch zu bekommen. Es ist zwar nicht ausgeschlossen, aber mangels guter Argumente für die Bullen wäre ein weiterer Abstieg, der als nächstes Kursziel die Zone zwischen 129,56 und 131,11 Prozent hätte, die wahrscheinlichere Variante für die kommenden Wochen.

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Vorherige Analysen des Euro-Bund Futures

Ende Oktober begann eine gewaltige Aufholjagd im Bund Future, dem Kursbarometer 10-jähriger Bundesanleihen am Terminmarkt. Ab diesem Zeitpunkt war man sich sicher: Die ersten Leitzinssenkungen stehen vor der Tür. Doch die Tür dürfte weiter weg sein als gedacht.

Die „letzte Meile“ bei der Inflationsbekämpfung sei besonders schwierig, das betonen Notenbanker dies- und jenseits des Atlantiks immer wieder. Auf die Lohnentwicklung und den Immobilienmarkt müsse man achten, da passe das Bild noch nicht, heisst es. Und zuletzt zogen die Inflationsraten, wenngleich vorwiegend durch statistische Basiseffekte bedingt, auch noch wieder an.

Bis zum Jahresende ignorierten die Käufer am Anleihemarkt solche Aussagen. Man war sicher: Die Notenbanken würden schon noch einknicken, vor allem, wenn der Markt sie durch massive Anleihekäufe, die die Renditen im Vorgriff von Zinssenkungen nach unten drücken, zu „ihrem Glück zwingen“ würde. Aber seit Beginn des neuen Jahres bröckelt die Phalanx der Bullen. Und das zu Recht, denn:

Je stärker die Kursrallye der Anleihen und in deren Kielwasser des Bund Future wurde, je stärker somit die Renditen der Anleihen zurückkamen, desto sicherer wurde man, dass man richtig liegt. Ein Phänomen, das auch am Aktienmarkt nicht unbekannt ist: Steigende Kurse steigern die Zuversicht, das bewirkt weitere Käufe, die die Kurse noch höher steigen lassen, was den Optimismus nur noch stärker befeuert, was zu erneuten Käufen führt. Ein Kreislauf, bei dem jedoch ein Aspekt vor der Tür bleibt: die Fakten. Die Hausse nährt sich selbst, sagt man. Aber nur, bis die ersten merken, dass sie auf einer Leiter ohne Sprossen stehen. Tun sie das?

Expertenmeinung: Ja und nein. Die Frage ist, wann die Zinsen wirklich zu sinken beginnen und ob die Bullen, die das ja massiv vorweggenommen haben, so lange durchhalten.

Dass die schwachen Bereiche wie Einzelhandel und Investitionen die Preisentwicklung dämpfen und das für Leitzinssenkungen der EZB spricht, ist ebenso richtig wie der Aspekt, dass zu stark steigende Löhne sinkende Zinsen verhindern können. Nicht umsonst betonen das EZB-Mitglieder immer wieder, gestern erst EZB-Chefin Lagarde, die mit ihren Aussagen auch der ambitionierten Erwartung vieler Bund-Future-Bullen eine Absage erteilte, die Leitzinsen würden schon ab März – und dann in schneller Folge – sinken.

Sie machte deutlich, dass man erst einmal die Tarifverhandlungen, die üblicherweise im Frühjahr laufen, abwarten müsse. Nur, wenn man da keine „Zweitrundeneffekte“ fürchten müsse, könnten die Leitzinsen ab dem Sommer (der jedoch bis September dauert) sinken. Zweitrundeneffekt bedeutet, dass die Inflation die „zweite Luft“ bekommt und wieder auflebt, weil die Löhne als Reaktion auf die vorherige Inflation so stark angehoben werden, dass sie die Kosten der Unternehmen so stark erhöhen, dass diese die Preise erneut anheben müssen, was durch eine wegen der gestiegenen Löhne mitgezogenen Kaufkraft dann auch von den Verbrauchern hingenommen wird.

So schnell geht es also nicht, wie man sich das Ende 2023 dachte. Die Folge: Der steile Aufwärtstrend des Bund Futures ist aktuell dabei, zu brechen. Und das, nachdem das Anleihe-Barometer zuvor in die breite Widerstandszone zwischen 137,86 und 140,58 Prozent (bezogen auf den jetzt relevanten „Front-Monat“, den März-Kontrakt) hineingelaufen war und abgewiesen wurde.

Bund Future: Chart vom 17.01.2024, Kurs 134,20 Prozent, Kürzel: GBL | Online Broker LYNX
Bund Future: Chart vom 17.01.2024, Kurs 134,20 Prozent, Kürzel: GBL | Quelle: TWS

Ist das jetzt also das Ende der Wende, die mit einem Ausbruch über diese besagte Zone auch auf mittelfristiger Ebene gelungen wäre? Es ist möglich genug, um hier besser nicht dagegen zu halten, zumal die nächsten Supportlinien im Fall eines signifikanten Bruchs der jetzt im Feuer stehenden Aufwärtstrendlinie erst deutlich tiefer warten würden.

Obwohl die EZB gerade erst klar gemacht hat, dass Zinssenkungen vorerst nicht anstehen, fallen die Renditen am Anleihemarkt einfach weiter, der Bund Future als Kursbarometer zehnjähriger „Bunds“ macht sich gerade an die nächste entscheidende Widerstandszone.

Kann das gutgehen? Heisst es nicht im Regelwerk der „alten Hasen“, dass man niemals gegen die Notenbankpolitik traden solle? So ist es zwar, aber das scheinen viele derzeit nicht zur Kenntnis zu nehmen. Während EZB-Chefin Lagarde in der 2023er-Abschluss-Pressekonferenz erklärte, dass man noch nicht einmal über Leitzinssenkungen gesprochen habe, fallen die Renditen am deutschen Anleihemarkt weiter, die Kurse der Anleihen steigen somit (fallende Renditen = steigende Kurse der Anleihen).

Die Rendite der Bundesanleihen mit zehn Jahren Laufzeit hat gestern im Handelsverlauf das im Januar markierte, bisherige Jahrestief von 1,97 Prozent unterboten, nachdem diese Rendite Anfang Oktober noch mit knapp drei Prozent den höchsten Stand seit 2011 erreicht hatte. Der Kurs des Bund Future, der den Kurs (und nicht die Rendite) dieser zehnjährigen Bundesanleihen oder „Bunds“ abbildet, ist dadurch in eine mittelfristig entscheidende Widerstandszone gelaufen, deren Überwinden auch auf mittel- und langfristiger Ebene ein bullisches Signal erzeugen würde. Aber wie ist das möglich?

Expertenmeinung: Der Leitzins der EZB liegt ja mit 4,5 Prozent weiterhin auf dem höchsten Level seit 22 Jahren. Die Schere zwischen Leitzins und der zehnjährigen Rendite beträgt also derzeit gut 2,5 Prozent, das ist in dieser Ausprägung nur einmal, 2009, der Fall gewesen, aber damals war es umgekehrt, da lag der Leitzins tiefer und die Rendite höher. Gut, de facto ist der Leitzins für den Anleihemarkt keine Zwangsvorgabe. Wenn genug Geld in die Anleihen fliesst, treibt das die Kurse eben höher und verringert damit, quasi als Nebenwirkung, die Rendite. Aber wieso wird denn derzeit so wild gekauft und damit gegen die EZB agiert?

Weil man der EZB zwar sicherlich glaubt, dass sie momentan kein Umfeld sieht, um über Zinssenkungen nachzudenken, aber sicher ist, dass sich dieses Umfeld sehr bald ergeben wird. Und damit könnte man durchaus richtig liegen, weil die Erwartung, dass die Zinsen bald zu sinken beginnen, schon so um sich gegriffen hat, dass sich der Effekt einer sich selbst erfüllenden Prophezeiung einstellen könnte: Investitionen und privater Verbrauch werden, wo es machbar ist, in die Warteschleife transferiert, um auf niedrigere Refinanzierungskosten zu warten. Das drückt die Wirtschaftsleistung genug, um zu sinkenden Preisen zu führen und schon hätte die EZB das Umfeld, um die Leitzinsen schnell und weit senken zu müssen.

Das ist die Theorie, der viele aktuell folgen. Die Realität hat, wie Erfahrung lehrt, aber gerne mal die eine oder andere Überraschung zu bieten. Und selbst wenn alles genau so ablaufen sollte, wie es die Bullen beim Bund Future gerade einpreisen: Sie hätten dann ja schon jetzt eine ganze Reihe an Zinssenkungen vorweggenommen, so dass es zumindest riskant ist, von einem Ausbruch über diese aktuell angegangene Widerstandszone 137,86/140,58 Prozent und dann auch noch von darüber hinaus weiter anziehenden Notierungen auszugehen.

Im Gegenteil könnte man jetzt, wo der Markt kein Halten kennt und damit in ein Extrem verfällt, über Gewinnmitnahmen auf der Long-Seite nachdenken. Short käme zwar vorerst nicht infrage, aber hier etwas Geld vom Tisch zu nehmen wäre, wie immer, wenn alle zugleich das Gleiche tun, allemal zu überlegen.

Der Bund Future, das Barometer des deutschen Anleihemarkts an der Terminbörse, ist mit Schwung über die 200-Tage-Linie gelaufen. Über eine Linie, an der er seit März 2022 ein ums andere Mal abgewiesen wurde. Das ist bullisch … aber die Sache hat eine Achillesferse.

Der Bund Future repräsentiert den Kurs deutscher Bundesanleihen mit zehn Jahren Laufzeit am Terminmarkt. Wir sehen: diese Kurse steigen. Was bedeutet: Die Zinsrendite der Anleihen geht zurück. Und das sogar ziemlich hurtig. Erst Anfang Oktober wurde bei der Rendite mit knapp drei Prozent der höchste Stand seit 2011 erreicht. Jetzt ist sie auf 2,25 Prozent gerutscht. Es wird also massiv gekauft. Das wirkt ungewöhnlich, denn:

Die Renditen sinken, während der Leitzins weiterhin bei 4,5 Prozent notiert. Damit nehmen die Käufer also sinkende Zinsen vorweg, unterstellen, dass die EZB nicht nur das Hoch bei den Leitzinsen erreicht hat, sondern diese recht bald und recht deutlich senken wird. Nur dann wäre eine solche Kaufwelle nachvollziehbar: Wenn man davon ausgeht, dass man bessere Renditen auf absehbare Zeit nicht erzielen kann. Denn eine völlige Abkoppelung von den Leitzinssätzen der Notenbank funktioniert nicht. Und da hätten wir die Achillesferse.

Expertenmeinung: Dass die Inflationsraten derzeit in den USA ebenso wie in Europa sinken, bestärkt die Käufer darin, dass die Notenbanken jetzt nichts weiter drauflegen werden. Dass eben diese Notenbanken immer wieder betonen, dass man gut daran täte, das nicht auszuschliessen, bremst die Bullen offenkundig nicht. Sie gehen davon aus, dass die Geldpolitik sogar sehr bald auf dem Absatz kehrt machen wird, weil die Preise nicht nur nicht stärker steigen, sondern sogar, wie im November, sinken werden. Dann müsste man die Zinsen schnell nach unten führen, um den Konsum anzukurbeln und durch eine wieder steigende Nachfrage aus einer deflationären Tendenz von unten zurück in die Zwei-Prozent-Zielzone der Inflation zu kommen.

Möglich ist dieses Szenario derzeit durchaus, wenngleich es auffällt, dass man am Aktienmarkt die gegenteilige Karte spielt: Dort setzt man auf einen steigenden Konsum und wachsende Unternehmensgewinne, während das Szenario der Anleihemarkt-Bullen eine Nachfrage-Flaute einpreist, die entsteht, weil die Verbraucher abwarten, bis Preise und Kredite wirklich deutlich billiger werden, bevor sie wieder zugreifen. Nichtsdestotrotz könnten die Käufer am Anleihemarkt richtig liegen. Aber bislang spielen sie das Spiel eben ohne die Notenbanken. Und damit ohne „Geleitschutz“.

Wie lange kann man eine Abwärtswende der Leitzinsen vorwegnehmen? Ein Vorlauf von drei bis sechs Monaten ist nicht ungewöhnlich. Aber wenn es länger dauert? Es sind ja bislang vor allem die Inflations-Gesamtraten, die nahe ans Zwei-Prozent-Ziel herangelaufen sind, nicht die Inflations-Kernraten. Und auf die kommt es den Notenbanken an. Aktuell preist man bereits mehrere Zinssenkungen ein, die alle 2024 auch wirklich kommen müssten. Wenn man so weit vorausgreift, darf nichts schiefgehen … und dass etwas schiefgeht, ist denkbar genug, um hier mit grösster Vorsicht zu agieren.

Ja, der Anstieg über die 200-Tage-Linie, die zwischen März 2022 und Juli 2023 viermal attackiert wurde und an der die Bullen jedes Mal scheiterten, ist aus rein charttechnischer Sicht ein starkes Signal, das den Weg an die „ultimative“ Widerstandszone zwischen 138 und 141 Prozent freigibt, deren Überwinden ein mittel- bis langfristig bullisches Signal bedeuten würde. Aber solange man hier nicht mit, sondern wenn nicht gegen, dann doch ohne die Notenbanken agiert, sollte man noch nicht allzu viel Kapital ins Rennen schicken und Stop Loss-Absicherungen regelmässig nachziehen!

Bund Future Mar24: Chart vom 05.12.2023, Kurs 134,90 Prozent, Kürzel: GBL | Online Broker LYNX
Bund Future Mar24: Chart vom 05.12.2023, Kurs 134,90 Prozent, Kürzel: GBL | Quelle: TWS

Die Renditen am deutschen Anleihemarkt geben nach, deren Barometer am Futures-Markt, der Bund Future, steigt. Der ist jetzt weit in eine charttechnische Entscheidungszone gelaufen, deren Überwinden die Aufwärts-Wende bedeuten würde. Ob man damit richtig liegt?

Steigende Anleihekurse bedeuten vice versa fallende Anleiherenditen. Wenn der Bund Future als „Kursanzeiger“ deutscher Bundesanleihen mit Laufzeit zehn Jahre am Futures-Markt also zulegt, reflektiert das fallende Zinsen. Und die gehen nur dann zurück, wenn die Mehrheit des aktiv handelnden Kapitals von Akteuren bewegt wird, die sicher sind: Die EZB hat das Hoch der Leitzinsen jetzt erreicht. Ist das so?

Da die europäische Wirtschaft derzeit schwach daherkommt und es nicht allzu viele gute Gründe gibt, warum sich das in nächster Zeit zum Positiven wenden sollte, ist es zumindest wahrscheinlich. Wahrscheinlicher als in den USA, wo das Wachstum immer noch, zumindest auf Basis offizieller Daten, sehr stark ist und dadurch das Risiko besteht, dass die Teuerung aufgrund der weiterhin starken Nachfrage nicht nachlässt. In der Eurozone hilft die Flaute, genau das zu erreichen: Wenn die Verbraucher ihre Ausgaben beschneiden, sind Preiserhöhungen nicht mehr durchsetzbar. Allerdings gäbe es dann dennoch zwei Szenarien, die für die Chancen des Bund Future nach oben entscheidend sind:

Expertenmeinung: Entweder belässt die EZB den Leitzins längere Zeit auf dem aktuellen Niveau, um sicherzugehen, dass die Inflation wirklich eindeutig in der Zielregion um zwei Prozent ankommt, bevor sie dann die Zinsen senkt. Das würde zwar das Aufwärtspotenzial der Renditen am Anleihemarkt und damit das Abwärtspotenzial des Bund Future beschneiden, aber erst einmal auch einen starken Aufwärtstrend der Anleihekurse verhindern.

Oder die EZB, die derzeit Variante 1 kommuniziert, letztlich aber immer abhängig von der unvorhersehbaren Entwicklung der Gesamtsituation entscheiden muss und wird, disponiert um und senkt den Leitzins schnell und weitreichend, weil die Konjunktur der Eurozone so schwach wird, dass die Preise nicht nur stagnieren, sondern sogar sinken. Dann wäre ein deflationäres Umfeld gegeben, das ein Gegensteuern durch zügige Zinssenkungen erfordert. Käme es zu Variante 2, wäre der Weg für immense Kursgewinne im Bund Future frei.

Aber was wird denn nun? Das weiss die EZB nicht, das wissen die Marktteilnehmer auch nicht. Die EZB schaut sich die Daten an, die Trader hingegen setzen auf die eine oder die andere Karte. Derzeit versucht man sich, bislang erfolgreich, an Version 2, wie man im Chart sieht:

Der Bund Future bildete im Oktober ein Doppeltief aus, vollendete es Anfang November und überwand dabei die mittelfristige Abwärtstrendlinie. Jetzt stünde als nächste, wichtige Hürde die aktuell bei 132,0 Prozent verlaufende 200-Tage-Linie an. Der Leitfaden des bärischen Lagers also, die Linie, an welcher das Anleihe-Barometer im März und Juni nach unten abgewiesen wurde. Gelingt es, diese Hürde zu nehmen, wäre das ein starkes Signal. Aber solange die EZB nicht zumindest Andeutungen in Richtung Zinssenkungen macht, dürfte der Weg vorbei an den vielen, im Jahresverlauf entstandenen Zwischenhochs zumindest nicht ganz einfach werden.

Dennoch: Solange der Bund Future nicht wieder durch die jetzt zum Support gewordene Zone 129,17/130,08 Prozent rutscht, gibt es für die Bären erst einmal nichts mehr zu verdienen.

Bund Future Laufz. Dez23: Chart vom 16.11.2023, Kurs 131,05 Prozent, Kürzel: GBL | Quelle: TWS | Online Broker LYNX
Bund Future Laufz. Dez23: Chart vom 16.11.2023, Kurs 131,05 Prozent, Kürzel: GBL | Quelle: TWS

Die Rendite deutscher Bundesanleihen mit zehn Jahren Laufzeit erreichte Anfang Oktober mit 2,96 Prozent den höchsten Stand seit 2011. Und die EZB deutete zuletzt an, dass der Leitzins sein Hoch erreicht hat. Das muss doch reichen für die Aufwärtswende des Bund Future?

Wer am Anleihemarkt aktiv tradet, nutzt dafür meist den Bund Future, das Barometer für zehnjährige deutsche Bundesanleihen am Futures-Markt. Dieser Bund Future bildet den Kurs solcher Anleihen ab, was wie bei den Anleihen selbst bedeutet: Steigen die Renditen der Anleihen, fällt der Kurs. Fallen diese Renditen, steigt der Bund Future.

Und eigentlich, dachten zumindest viele Anleger, müsste doch die Andeutung der EZB im Zuge ihrer jüngsten Sitzung Mitte September ausreichend gewesen sein, um eine Wende der schon so lange gestiegenen Renditen nach unten und damit des Bund Future nach oben zu bewirken. Aber es kam anders.

Bund Future: Chart vom 12.10.2023, Kurs 128,84 Prozent, Kürzel: GBL | Online Broker LYNX
Bund Future: Chart vom 12.10.2023, Kurs 128,84 Prozent, Kürzel: GBL | Quelle: TWS

Der Bund Future stieg nur am 14. September, dem Tag der Zinsentscheidung, und begann gleich am Folgetag eine Abwärtsbewegung, die ihn durch die bis dahin massiv wirkende Unterstützungszone zwischen 129,17 und 130,08 Prozent auf ein neues Jahrestief drückte. Am 4. Oktober wurde mit 126,62 Prozent ein neues Tief im Abwärtszyklus erreicht, das dem oben genannten Hoch der Anleihe-Rendite von 2,96 Prozent entsprach.

Seither versucht man sich am Anleihemarkt an einer Bodenbildung des Futures. Aber in dem Moment, in dem die Käufer Charthürden zu bezwingen hatten, ging ihnen die Luft aus, der Bund Future scheiterte gestern an dieser Zone 129,17 zu 130,08 Prozent. Das – auf den Bund Future und damit die Kurse bezogen – bärische Lager scheint ein Ende der Baisse nicht zulassen zu wollen. Aber mit welchen Argumenten, wenn die EZB doch avisiert hat, man sei mit den Leitzinsen vermutlich „oben“?

Expertenmeinung: Weil die grossen Akteure am Bondmarkt nicht daran glauben, dass die Leitzinsen ihr Hoch bereits erreicht haben, zumal der schnelle Abstieg der Geldmenge und das „Quantitative Tightening“ der Notenbanken Geld knapper machen. Was dazu führt dass, wer sich über Anleihen Geld besorgen will, höhere Zinsen bieten muss, um auch genug von diesem Geld zu bekommen.

Gerade gestern Abend wurde das deutlich, als das US-Finanzministerium bei einer Auktion neuer 30jähriger Staatsanleihen einen überraschend „teuren“ Zins von 4,837 Prozent zahlen musste. Eine derart hohe Rendite über sagenhaft lange 30 Jahre, das ist so hoch wie zuletzt im Sommer 2007.

Dabei macht man derzeit keinen grossen Unterschied zwischen den USA und der Eurozone, denn das Problem ist dasselbe: Die Inflation ist bislang nicht im Griff und das Risiko, dass sie sich auf zu hohem Niveau festsetzt, wenn die Notenbanken nicht doch noch nachlegen, nicht zu unterschätzen. Und selbst, wenn der Leitzins nicht weiter steigen sollte, würde die Geldverknappung an sich erst einmal weitergehen. Das ist es, was den Bund Future zuletzt drückte und was das bärische Lager dazu animiert, Gegenbewegungen nach oben zu kontern.

Der Bund Future müsste über 133 Prozent schliessen, erst dann liesse sich unterstellen, dass wir hier eine Aufwärtswende sehen. Das hiesse deutlich niedrigere Anleiherenditen und bärische Trader, die sich zurückgezogen haben. Und in dem derzeitigen Umfeld wäre das ein eher steiniger Weg, während neue Tiefs im Bund Future bzw. neue Hochs bei der Rendite der ihm zugrunde liegenden zehnjährigen Bundesanleihe alles wären, aber nicht unmöglich.