Der Bund Future hatte im Vorfeld der gestrigen EZB-Entscheidung einen Ausbruch in Richtung des Zwölf-Monats-Hochs vom Dezember 2023 auf dem Fuss, drehte aber unterhalb der entscheidenden Widerstandszone ab. Das sollte man am Aktienmarkt besser nicht übersehen.
Der Bund Future ist das Kursbarometer für deutsche Bundesanleihen mit einer Laufzeit von zehn Jahren. Er bildet deren Kurs nach, nicht die Verzinsung/Rendite, was bedeutet:
Fällt die Rendite der Anleihe, steigt ihr Kurs (weil der Zins einer Anleihe fix ist, so dass sie sich dem Zinsniveau am Markt nur über den Kurs anpassen kann) und mit dem Kurs der Anleihe auch der Bund Future. Wenn man also am Anleihemarkt mit fallenden Leitzinsen rechnet, was auch die Verzinsung/Rendite der bereits laufenden Anleihen drückt, steigt der Bund Future. Was er im Vorfeld der gestrigen EZB-Entscheidung auch tat. Gestern, nach der EZB-Entscheidung, kam der Bund Future jedoch zurück.
Was eigentlich nicht überrascht, immerhin lieferte die EZB nur das ab, was zu erwarten war. Der Leitzins wurde um ein Viertelprozent auf jetzt 3,50 Prozent gesenkt, damit rechnete man schon lange. Und was die Zukunft angeht, taten die europäischen Währungshüter genau das, was rational betrachtet auch richtig ist: Statt zukünftige Senkungen zu avisieren oder gar einen konkreten Fahrplan zu liefern, hielt man sich bedeckt. Man verwies darauf, dass auch die kommenden Entscheidungen abhängig davon sind, was die kommenden Konjunkturdaten bringen. Was richtig so ist, denn ob die Inflation weiter zurückkommt oder nicht, ist schlicht nicht vorhersagbar, dazu spielen viel zu viele Faktoren mit hinein, vor allem das unberechenbare, weil oft emotionale Konsumverhalten der Verbraucher.
Und aus Sicht der EZB ist Zurückhaltung auch angebracht, immerhin wurde die Wachstumsprognose für die Eurozone gegenüber der letzten Projektion leicht gesenkt, die Inflationsprognose aber um 0,1 Prozent für die Kernrate nach oben genommen. Für 2025 sieht die EZB bei der Inflations-Gesamtrate 2,2 Prozent, in der Kernrate 2,3 Prozent – und liegt damit auch im kommenden Jahr über der Zielzone um zwei Prozent. Dass war es, worauf man beim Bund Future reagierte, als dieser am Donnerstag nachgab, was, wie oben erläutert, einem leichten Anstieg des Zinsniveaus bei den zugrunde liegenden zehnjährigen Bundesanleihen bedeutete.
Expertenmeinung: Eine Serie schneller, weitreichender Zinsschritte nach unten ist damit erst einmal vom Tisch. Aber hätte der Bund Future dann nicht deutlicher nachgeben müssen? Immerhin wirkte das Chartbild bis dahin immens bullisch, da hatte man längst mehr als die bisherigen 0,5 Prozent Senkung vorweggenommen … und das änderte sich mit dem gestrigen Minus nicht wesentlich. In der Tat … und genau das sollte man am Aktienmarkt, der in der Regel einige Schritte weiter neben der Realität tanzt als der Anleihemarkt, besser registrieren,
Denn dass der Bund Future bislang weiter in einem Terrain rangiert, das einen Ausbruch nach oben als Reaktion auf (deutlich) weiter sinkende Leitzinsen jederzeit ermöglicht, dürfte darauf basieren, dass man das Risiko einer schnell weiter abrutschenden Konjunktur in der Eurozone sieht (und am Aktienmarkt bislang ignoriert bzw. immer wieder „wegkauft“). Käme es so, wären sinkende Preise zu erwarten, damit wären die aktuellen Inflationsprognosen obsolet und der Weg für schnelle, deutliche Zinssenkungen frei. Aber das wäre nur für den Anleihemarkt äusserst bullisch, denn:
Wenn die EZB die Zinsen doch schnell und weit senkt, dann weil sinkende Preise und damit eine deflationäre Tendenz als Nebenwirkung einer Rezession auftauchen. Das würde massiven Druck auf die sowieso schon wackelnden Unternehmensgewinne bedeuten, den schnell sinkende Zinsen nicht komplett und, wenn es dumm läuft, auf längere Zeit sogar gar nicht umkehren können. Dass der Bund Future sprungbereit bleibt, ist also ein Abbild der konjunkturellen Realität, die Aktienmarkt-Trader problemlos hier ablesen könnten … es aber in der Regel nicht wollen, weshalb das Eis bei DAX, Euro Stoxx 50 & Co. sukzessiv dünn wird.
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