Rein von der Kursveränderung her war die Reaktion auf die Bilanz des ersten Quartals nicht allzu gross. Aber das heisst nicht, dass die Aktie in ruhigem Fahrwasser unterwegs wäre. Vom Chartbild her steht jetzt eine Entscheidung an. Ob Bulle oder Bär, jetzt muss man aufpassen!
Der Umsatz der Sportwagenschmiede Porsche ist in den ersten drei Monaten 2023 zum Vorjahr erheblich gestiegen, konkret um gut 25 Prozent, der operative Gewinn legte in derselben Grössenordnung zu. Das ist immens, aber es entsprach den Prognosen der Experten. Da Porsche zugleich den 2023er-Ausblick bestätigte, war es nicht überraschend, dass die Aktie gestern nur wenig verändert aus dem Handel ging. Aber:
Wir sehen im Chart, dass die Aktie charttechnisch auf der Kippe steht. Im April endete der Versuch, das bisherige Rekordhoch als Widerstand herauszunehmen, mit einer Bullenfalle. Das drückte den Kurs jetzt an das untere Ende der seit Anfang Februar bestehenden Seitwärts-Range zwischen 107,20 und 118,50 Euro. Knapp darunter bildet die mittelfristige Aufwärtstrendlinie mit dem Hoch des Monats Januar bei 106,40 Euro die entscheidende Kreuzunterstützung. Eine Kreuzunterstützung, die gestern im Tief des Handels zu brechen drohte. Die Frage ist damit: Könnte dieser Trendbruch womöglich nachgeholt werden?
Expertenmeinung: Das hängt davon ab, ob genug Akteure die Aktie jetzt, nach diesen aktuellen Ergebnissen, als teuer genug ansehen, um sie zu verkaufen oder aktiv auf die Short-Seite zu gehen. Dabei ist Porsche schwer einzuordnen. Zwar läge das Kurs/Gewinn-Verhältnis aktuell, wenn man einmal auf Basis des unternehmenseigenen Ausblicks einen Gewinn pro Aktie um sechs Euro für 2023 annimmt, deutlich höher als das anderer Autobauer. Aber das ist nicht ohne Grund so.
Porsche peilt für 2023 weiterhin eine für die Branche untypisch hohe Umsatzrendite zwischen 17 und 19 Prozent an, 2022 hatte man 18 Prozent erreicht. Zugleich soll der Umsatz zwischen sechs und zwölf Prozent zulegen. Da ist man mit diesen Zahlen des ersten Quartals im Plan. Und bei solchen Gewinnmargen ist eine höhere Bewertung durchaus opportun, zumal diese Entwicklung zeigt: Porsche gehört in das Segment, in dem man festhalten darf, dass sich Luxus auch in Krisen hervorragend verkauft.
Die Analysten sind derzeit gespalten. Das niedrigste Kursziel liegt mit 81 Euro am Tief der Handelsspanne der bisherigen Kurshistorie, das höchste Kursziel mit 149 Euro fast 35 Prozent über dem gestiegenen Schlusskurs. Und grundsätzlich müsste man bedenken: Auch, wenn die Aktie im Prinzip noch nicht zu teuer ist, hat man andererseits den 2023er-Gewinnanstieg des Unternehmens zweifellos bereits eingepreist. Da ist die Luft nach oben also eher dünn, nach unten aber nicht unbedingt dramatisch … es sei denn, die Rahmenbedingungen und/oder die Stimmung am Aktienmarkt an sich würden sich in den kommenden Wochen deutlich eintrüben.
Aber das ist eben diese offene, hoch spannende charttechnische Situation. Und sie ist es, die die Aktie eben trotzdem deutlich in Wallung bringen kann. Fällt die Kreuzunterstützung bei 106,40 Euro, wäre es sicher kein Fehler, erst einmal den Kopf einzuziehen. Ob es dazu kommt, dürfte sich jetzt sehr kurzfristig entscheiden, denn solche offenen Situationen lassen die Trader nicht gerne offen stehen.
Zukaufen wäre indes aus reinen Trading-Aspekten dann zu erwägen, wenn die Aktie den bisherigen Verlaufsrekord von 120,10 Euro überwindet und die Bullenfalle vom April damit aushebelt. Aber wie gesagt: Die Luft nach oben ist dünn, dünn genug, um dann mit gezielt engen Stoppkursen zu arbeiten.
Quellenangaben: Quartalsmitteilung Porsche AG, 03.05.2023: https://investorrelations.porsche.com/filestore/download/memphis/de/quartalsmitteilung-q1-2023/default/cc68c7db-e8f5-11ed-8103-005056bbdc38/Quartalsmitteilung-Q1-2023.pdf
Kursziele Analysten: https://www.finanzen.net/kursziele/porsche_sportwagen