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An der Börse ist alles relativ. Es kommt wahrlich auf die Perspektive an. Wer Tencent beispielsweise vor zehn Jahren gekauft hat, hat sein Geld verzehnfacht und kann sich freuen.
Dass sich der Kurs in den letzten Monaten halbiert hat, wäre für so einen Anleger zwar unerfreulich, aber unter dem Strich wären das Investment in Tencent ein grosser Erfolg.
Wer aber vor einigen Monaten eingestiegen ist, dürfte eine andere Sichtweise haben. Bisher hat sich die Sache als Fehler herausgestellt, das muss aber nicht so bleiben.
Kurse sind Momentaufnahmen und können kurzfristig weit von einer sinnvollen Bewertung eines Unternehmens abweichen.
Wenn das nicht so wäre, könnten wir uns Stockpicking schliesslich sparen.
Es ist vorbei
Dass Tencent abgestürzt ist, hat eine Vielzahl von Gründen und keiner davon hat mit der geschäftlichen Entwicklung zu tun.
In den USA kam es zu einem Delisting einiger Aktien, Tencent stand hier allerdings nie wirklich im Fokus. Das Thema übte dennoch enormen Druck auf den Kurs aus, da vor allem US-Anleger panisch aus chinesischen Papieren flüchteten.
Es folgte eine erhebliche Regulierungsrunde im Reich der Mitte. Nachdem der Alibaba-Gründer Jack Ma die Zentralregierung öffentlich kritisiert hatte, wollten die Machthaber in Peking zeigen, wer der Herr im Haus ist.
Inzwischen sind beide Themen vom Tisch. Die US-Börsenaufsicht SEC und ihr Pendant in China haben sich bereits vor geraumer Zeit geeinigt und eine stärkere Kooperation vereinbart.
Auf beiden Seiten
Auch von politischer Seite scheint es in den USA kein Interesse mehr daran zu geben, chinesische Aktien zu verbannen.
Das zu tun war übrigens immer eine schlechte Idee und hätte nur den Börsenplatz USA geschwächt und die Konkurrenz in Hong Kong oder Singapur gestärkt.
Und in China scheint man Big Tech wieder mehr Spielraum lassen zu wollen. Die Regierung hat das vor etwas mehr als einem Monat ganz klar signalisiert:
China said to end regulatory scrutiny over Big Tech and give sector bigger role in boosting slowing economy
Im Endeffekt bedeutet das, dass die Wirtschaft dort mittelprächtig läuft und die grossen Tech-Konzerne sie doch bitte anschieben mögen.
Keine Schlagzeile
Der Gegenwind sollte also verschwunden sein, doch wer berichtet schon darüber?
Es ist eben keine Schlagzeile, dass fortan alles wieder „in gewohnten Bahnen“ läuft und die chinesische Regierung nicht mehr mit dem Vorschlaghammer unterwegs ist.
Zeitweise gab es im Börsenumfeld kaum ein anderes Thema als die Regulierung in China. Inzwischen ist das vollkommen aus dem Fokus der Anleger verschwunden, sie übersehen mehrheitlich, was hier geschieht.
Daraus kann man so viel lernen, wo soll man nur anfangen? Vielleicht ist jetzt der richtige Zeitpunkt, um sich zurückzulehnen und einige Minuten zu reflektieren.
Womöglich darüber, dass viele Themen an der Börse zu heiss gekocht werden.
Wie eine Sau nach der anderen durchs Dorf getrieben wird.
Wie die Medien dazu beitragen, dass Anleger Fehlentscheidungen treffen.
Wie unwichtig Dinge mit etwas Abstand plötzlich sind, die kürzlich noch so bedeutend erschienen.
Die doppelte Bazooka
Über Tencent selbst könnte man unterdessen Bücher schreiben. Der Konzern hat eine derartige Vielzahl an Tochtergesellschaften, dass eine Aufarbeitung ewig dauern würde, daher konzentrieren wir uns auf die zentralen Themen.
Die Basis sind Wechat, Wepay, Gaming und die sozialen Medien des Unternehmens. Hier wird richtig Geld verdient.
Tencent nimmt in China im mobilen Internet faktisch die Rolle von Google und Facebook ein und mit Wepay hat man sich nahezu die Hälfte des Payment-Geschäfts im Riesenreich gesichert.
Dass sich damit Geld verdienen lässt, ist wohl eine schwere Untertreibung der Faktenlage.
Im Endeffekt hat Tencent ständig zu viel Geld, also muss man es investieren. Und das macht man sehr erfolgreich.
Der Trackrecord des hauseigenen Investmentarms ist herausragend.
Tencent hat sich über die Jahre ein wahres Imperium von Beteiligungen aufgebaut. Unter anderem gehört dem Konzern 5% an Tesla, 7,5% an Spotify, 12,1% an Snapchat, 5% an Activision, 48% an Epic Games und und und. Die Liste liesse sich schier ewig fortsetzen.
In Summe wird der Wert des Investment-Portfolios auf rund 250 Mrd. USD geschätzt, was wiederum mehr als der Hälfte des Börsenwerts von Tencent entspricht.
Ausblick und Bewertung
Wenn man sich das vergegenwärtigt, wird klar, dass das operative Geschäft von Tencent sehr viel niedriger bewertet ist, als ein einfacher Blick auf das KGV erahnen lässt.
Aber auch dieser erste Blick zeichnet ein recht optimistisches Bild. Tencent kommt derzeit auf ein KGVe von 26,1.
Bei historischen und erwarteten Gewinnsteigerungen von 20% und mehr pro Jahr, ist das absolut vertretbar.
In den letzten fünf Jahren lag das KGV durchschnittlich bei 34,8.
Mögliche Wertsteigerungen in dem gigantischen Portfolio von Tencent sind hier noch nicht berücksichtigt.

Der Chart bezieht sich auf die Notierung in USD mit dem Ticker TCEHY. Kunden von LYNX können die Aktie aber selbstverständlich auch in Euro handeln.
Tencent hat über Wochen hinweg eine Bodenbildung vollzogen. Gelingt jetzt ein Anstieg über 47,50 USD, wäre der Weg in Richtung 50,00 sowie 55,00 USD frei. Darüber hellt sich das Chartbild massgeblich auf.
Fällt der Kurs hingegen unter 45,00 USD, muss mit einem erneuten Rücksetzer in Richtung 40,00 USD gerechnet werden.
Darunter trübt sich das Chartbild zunehmend ein.
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