7 Nachteile und Risiken von ETFs

von Wendelin Probst
In diesem Artikel

1. Verlustrisiken durch Kursschwankungen oder Börsencrashs

Wie bei Aktien, Fonds oder anderen Wertpapieren sind Investments in ETFs mit Kursänderungsrisiken verbunden. ETFs können nicht nur steigen, sondern auch fallen. Kursschwankungen und Börsencrashs werden 1:1 auf das ETF übertragen. So wie die ETFs in Aufwärtsbewegungen für zusätzliche Nachfrage sorgen und damit die Kursanstiege verstärken, gibt es auch in die Gegenrichtung eine Beschleunigung. Vor allem in steilen Abwärtsbewegungen bekommen viele Anleger „kalte Füsse“ und verkaufen ihre ETF-Anteile. Durch die Auflösung von Anteilen werden die zugrundeliegenden Wertpapiere am Markt verkauft und erhöhen so das Angebot und den Druck auf die Preise. Diese Effekte sind jedoch bei Direktinvestments oder klassischen Fonds nicht anders. Wer an der Börse investiert sollte grundsätzlich nicht nur auf die Rendite schielen, sondern sich auch dem Risiko von Kursschwankungen bewusst sein. Mit einem ausreichenden Anlagehorizont konnten vorübergehende Kursverluste in der Vergangenheit in der Regel überstanden werden.

2. Besondere Risiken bei Hebel-ETFs und inversen ETFs.

Besondere Vorsicht gilt bei Hebel-ETFs. Diese sollten sehr erfahrenen Anlegern vorbehalten werden, denn hier kann es entsprechend dem Multiplikator zu erheblichen Verlusten, bis hin zum Totalverlust kommen. Verliert der zugrundeliegende Index beispielsweise mehr als ein Drittel an Wert, so kommt dies bei einem Multiplikator von 3 einem Totalverlust gleich. Der ETF wird dann aufgelöst und es besteht somit im Gegensatz zu ungehebelten ETFs auch keine Aussicht mehr auf eine Kurserholung. Wer langfristig investieren möchte sollte daher auf Hebel-ETFs verzichten. Grössere Risiken gibt es auch bei inversen ETFs, die bei starken Kursanstiegen des zugrundeliegenden Portfolios erheblich an Wert verlieren können. Theoretisch ist auch bei inversen ETFs ein Totalverlust möglich, falls ein Index um mehr als +100 % zulegt.

3. Kontrahentenrisiko bei Swap basierten ETFs

Schliesst der Emittent eines ETFs eine Swap-Vereinbarung um einen Index synthetisch nachzubilden, so entsteht ein Kontrahentenrisiko. Da Swaps als Forderungen nicht zum Sondervermögens zählen, ist der ETF dann davon abhängig, dass der Vertragspartner seinen Zahlungsverpflichtungen auch nachkommt. Fällt der Swap-Partner beispielsweise durch dessen Insolvenz aus, so bleibt der ETF auf seinen Forderungen sitzen. Die Regularien der EU begrenzen jedoch das Kontrahentenrisiko auf maximal 10 % des Fondsvermögens und in einigen Fällen sorgen die ETF-Anbieter für weitere freiwillige Absicherungen. Daher ist das Kontrahentenrisiko bei SWAP basierten ETFs relativ begrenzt und kann so unter normalen Umständen zu kleineren Teilverlusten führen. In den USA sind synthetische ETFs jedoch verboten, da im Falle einer möglichen Bankenkrise Ausfälle und Domino-Effekte vermieden werden sollen.

4. Nur Durchschnittsrenditen erzielbar

Wer die Performance seines Investments über ETFs an den Index koppelt, der erreicht damit natürlich auch nur durchschnittliche Renditen. Eine Outperformance wie bei manchen aktiv gemanagten Fonds ist damit von vorn herein ausgeschlossen. Dieser Nachteil relativiert sich allerdings dadurch, dass es ohnehin nur einer sehr geringen Anzahl von herkömmlichen Fonds gelingt, den Vergleichsindex nachhaltig zu schlagen. Die Kostenbelastung ist bei aktiv gemanagten Fonds schlicht zu hoch, um eine dauerhafte Outperformance zu erzielen. Der Verzicht auf Überrenditen ist für ETFs daher kein allzu grosser Nachteil.

5. Mögliche Wechselkursrisiken in anderen Währungsräumen

Immer dann, wenn Anleger ausserhalb des Euro-Währungsraums investieren besteht ein Wechselkursrisiko. So kann beispielsweise ein Investment in US-ETFs allein durch Kursanstiege des EUR-USD-Wechselkurses deutliche Verluste produzieren. Dieses Risiko, das auf der anderen Seite auch eine Chance auf Wechselkursgewinne bedeutet, trifft jedoch nicht nur auf ETFs, sondern auch auf Aktien, Fonds, Anleihen und andere Anlageprodukte aus anderen Währungsräumen zu. Auf längere Sicht fallen Währungsveränderungen meist nicht sonderlich stark ins Gewicht. Wer auf Nummer Sicher gehen möchte investiert nur in ETFs aus dem Euro-Raum oder kauft gegen Aufpreis währungsgesicherte ETFs.

6. Laufende Kosten bei ETFs

Ein ETF produziert laufende Kosten, eine Aktie hingegen nicht. Zwar sind die jährlichen Gebühren (TER) bei ETFs mit 0,15 % bis 0,8 % des Anlagevolumens überschaubar und geringer als bei klassischen Investmentfonds, bei Direktinvestments in die Aktien gibt es diese jährlichen Gebühren jedoch nicht. Demgegenüber stehen allerdings die geringeren Transaktionskosten bei einem ETF, denn jeder einzelne Aktienkauf produziert Handelsgebühren, die sich bei zahlreichen Positionen rasch aufaddieren. Vergleicht man die laufenden Kosten bei ETFs beispielsweise mit Termingeschäften wie Futures, so ist die Kostenstruktur von ETFs ebenfalls teurer. Allerdings ist die vorgegebene Kontraktgrösse auch bei Mini Futures meist sehr hoch. Dazu kommt, dass Futures alle drei Monate vor der Fälligkeit in den nächsten Kontrakt „gerollt“ (getauscht) werden müssen, was umständlich ist und ebenfalls Kosten und kleinere „Roll-Verluste“ verursacht. ETF-Anteile hingegen können in flexibler Stückelung gekauft und langfristig „liegen gelassen“ werden.

7. Mögliche Kontrahentenrisiken bei Wertpapierleihgeschäften durch ETFs

So gut wie alle ETFs, die Indizes physisch replizieren und die im Index enthaltenen Wertpapiere damit tatsächlich im Bestand halten, führen Wertpapierleihgeschäfte durch. Der ETF-Anbieter entnimmt dazu die entsprechenden Wertpapiere aus dem Sondervermögen und verleiht diese an Hedgefonds oder Spekulanten, die mit Leerverkäufen auf fallende Kurse setzen. Durch die Gebühren aus dem vorübergehenden Verleih von Wertpapieren entstehen der Fondsgesellschaft zusätzliche Einnahmen. Dafür nimmt der ETF jedoch ein Kontrahentenrisiko in Kauf: Dieses besteht darin, dass der Vertragspartner die betreffenden Wertpapiere bei Ende oder Kündigung der Leihe z.B. aufgrund von Zahlungsschwierigkeiten nicht zurückgeben kann. In diesem Fall muss der ETF entsprechende Verluste verbuchen.

An dieser Stelle besteht ein mögliches Ungleichgewicht der Chancen und Risiken, denn die Erträge aus den Leihgeschäften kommen den ETF-Anteilseignern in der Regel nur zur Hälfte zu Gute: Im „Kleingedruckten“ des Fondsprospekts ist meist festgelegt, dass 50 % der Einnahmen an den Emittenten fliessen. Um die Risiken zu begrenzen limitieren einige ETFs die Entleihquote beispielsweise auf 50 % des ETF-Vermögens, setzen Bonität und Sicherheiten der Entleiher voraus und begrenzen Einzelleihen. In der Vergangenheit kam es daher zu keinen nennenswerten Ausfällen durch Wertpapierleihgechäfte, daher scheint dieses Risiko relativ gering und damit vertretbar.


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