Wie könnte der Aktienmarkt reagieren, wenn Harris US-Präsidentin wird?

von Wendelin Probst
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Am 5. November steht mit den US-Präsidentschaftswahlen das Ereignis des Jahres an. Der ehemalige Präsident Donald Trump und die derzeitige Vizepräsidentin Kamala Harris liefern sich im Wahlkampf ein enges Kopf-an-Kopf-Rennen.

Welcher der beiden Kandidaten auch immer gewinnen wird, die Wahl der Amerikaner wird sich in vielen Bereichen auswirken. In erster Linie natürlich in den Vereinigten Staaten selbst, aber auch im Rest der Welt. Die USA sind nach wie vor das mächtigste Land der Welt, sodass der Präsident als einer der einflussreichsten Menschen der Welt gilt – auch in Sachen Geopolitik.

Auch die Finanzmärkte zeichnen für beide Kandidaten unterschiedliche Szenarien. In diesem Artikel sehen wir uns an, was wir als Anleger von einer demokratischen Präsidentin erwarten können. Dabei gehen wir unter anderem auf die möglichen Auswirkungen auf die Aktienmärkte, die Beziehungen zu China und Europa und die allgemeine Börsenstimmung ein.

Bitte beachten Sie, dass Investments in sehr volatilen (schwankungsstarken) Märkten besondere Risiken bergen und dass Ihre Anlagen möglicherweise einem höheren Verlustrisiko ausgesetzt sind. Die zukünftige Wirtschafts- und Finanzpolitik der USA hängt vom Ausgang der Präsidentschaftswahlen ab. Deshalb könnten einzelne Sektoren und Anlageklassen empfindlich auf den Wahlausgang reagieren oder starke Kursschwankungen verzeichnen. Bevor Sie sich also im Vorfeld der Wahlen an der Börse engagieren, sollten Sie sich die Frage stellen, ob Trading in hochvolatilen Phasen mit Ihrer Risikotoleranz und Ihren Anlagezielen vereinbar ist.

Wer sind die grössten finanziellen Unterstützer der Demokraten?

Geld spielt bei den US-Präsidentschaftswahlen oft die entscheidende Rolle, nirgendwo sonst auf der Welt ist der Wahlkampf so kostspielig. Die Spenden, die ein Kandidat einnimmt, können für alle möglichen Wahlkampfzwecke verwendet werden, z. B. für Werbespots oder die Bezahlung zusätzlicher Mitarbeiter für das Wahlkampf-Team. Je mehr Geld ein Kandidat einnimmt, desto effektiver kann er oder sie Wahlwerbung machen.

In der Vergangenheit wurde oft der Kandidat US-Präsident, der das meiste Geld aufbrachte. Dies war jedoch nicht immer der Fall. Bei der Präsidentschaftswahl 2004 sammelte John Kerry mehr Geld als George W. Bush, doch Bush gewann die Wahl. Und bei der Wahl 2016 hatte Hillary Clinton einen erheblichen finanziellen Vorteil und unterlag Donald Trump dennoch.

Alle Amerikaner können Geld für den von ihnen favorisierten Kandidaten spenden. Aber auch Unternehmen oder Wirtschaftsgrössen können dies tun. Vor allem die Superreichen greifen gern tief in die Tasche. Bloomberg hat eine Liste zusammengestellt, so dass wir die Top-Spender der Demokraten vorstellen können.

Steven Spielberg, einer der einflussreichsten Filmemacher der letzten Jahre, ist ein grosser Unterstützer der Demokratischen Partei. Es wird oft gesagt, dass quasi ganz Hollywood auf der Seite der Demokraten steht, und das ist bei Spielberg nicht anders. Er hat bereits 929.600 USD an den Biden Victory Fund gespendet, der nach Joe Bidens Rückzug nun Kamala Harris zugutekommt.

Reed Hastings ist Mitbegründer von Netflix. Die Chefs von Technologieunternehmen bevorzugen in der Regel die republikanischen Kandidaten, weil diese eher für weniger Regulierung und niedrigere Steuern stehen. Es überrascht daher, dass Hastings Geld an die Demokratische Partei gespendet hat. Hastings gibt Harris den Vorzug vor Trump, weil er ein starker Befürworter von Bildungsreformen ist. In der Vergangenheit hat Hastings in dieser Frage bereits mit dem ehemaligen demokratischen Präsidenten Barack Obama zusammengearbeitet. Auch eine mögliche zusätzliche Regulierung von Tech-Unternehmen sieht Hastings nicht unbedingt als Bedrohung an. Hastings möchte, dass Netflix als verantwortungsvolles Unternehmen bekannt wird, das nicht nur auf Profit aus ist. Wenn eine zusätzliche Regulierung dazu beitragen kann, sieht Hastings darin keinen Grund zur Sorge. Hastings spendete 100.000 Dollar an den Biden Victory Fund.

Auch Eric Schmidt, ehemaliger CEO von Google, unterstützt die Demokratische Partei, weil ihre Politik besser mit seinen Vorstellungen von technologischer Innovation, Klimawandel, Bildung und sozialen Themen übereinstimmt. Er glaubt, dass die Demokraten bereit sind, in zukunftsweisende Lösungen für globale Herausforderungen wie Technologie, Nachhaltigkeit und internationale Zusammenarbeit zu investieren. Er wendet sich auch gegen die populistische und protektionistische Ausrichtung der Republikanischen Partei unter Trump und schätzt den pragmatischen und integrativen Ansatz der Demokraten. Schmidt spendete 1,6 Mio. USD an Future Forward PAC, ein Super-PAC der Demokraten, und 1,16 Mio. USD an den Biden Victory Fund.

George Soros ist ebenfalls einer der grössten Unterstützer der Demokratischen Partei. Soros spendete 903.000 USD an den Biden Victory Fund und 6.600 USD an Biden for President. Sein Democracy PAC, über den er Grossspenden tätigt, hat ausserdem mehr als 15 Mio. USD an Future Forward PAC gespendet. George Soros unterstützt die Demokratische Partei aufgrund seiner tiefen Überzeugung von einer offenen Gesellschaft, Menschenrechten und sozialer Gerechtigkeit. Sein persönlicher Hintergrund und seine Erfahrungen mit totalitären Regimen haben ihn zu einem entschiedenen Verfechter demokratischer Werte und progressiver Reformen gemacht. Soros sieht in der Demokratischen Partei eine Plattform, die seine Vision einer integrativen, gerechten Gesellschaft am besten widerspiegelt, während er die Republikanische Partei (insbesondere unter Trump) als Bedrohung für diese Ideale sieht.

Falls Harris auch den Kongress gewinnt

Wenn Kamala Harris die Wahl gewinnt, so hat sie noch keinen Freifahrtschein, um ihre politischen Pläne auch durchzusetzen. Um Gesetze zu verabschieden, muss sie mit den beiden Kammern des Kongresses, Repräsentantenhaus und Senat, zusammenarbeiten. Im Idealfall gelingt es ihr, bei der Wahl sowohl im Repräsentantenhaus als auch im Senat eine demokratische Mehrheit zu gewinnen. Ein solches Szenario wird in Anlehnung an die blaue Farbe der Demokraten als Blue Sweep bezeichnet.

Laut der Geschäftsbank UBS ist ein Blue Sweep allerdings das negativste Szenario für die Aktienmärkte. Denn bei diesem Szenario könnte Harris ohne grosse politische Widerstände höhere Unternehmenssteuern durchsetzen. Einige Sektoren, wie z. B. Grüne Energie, könnten von Anreizen profitieren, die den Übergang von fossilen Brennstoffen zu alternativen Energiequellen fördern.

Andere Sektoren wie der Banken- und Finanzsektor könnten bei einem Blue Sweep möglicherweise mit einer stärkeren Regulierung zu rechnen haben. Beispielsweise könnte der sogenannte Credit Card Competition Act in Kraft treten. Der Credit Card Competition Act ist ein Gesetzesvorschlag in den Vereinigten Staaten, mit dem der Wettbewerb in der Kreditkartenbranche, insbesondere bei den Transaktionsgebühren, gefördert werden soll. Der Gesetzesvorschlag soll beispielsweise verhindern, dass Kreditkartenunternehmen wie Visa und Mastercard weiterhin eine beherrschende Stellung bei der Abwicklung von Kreditkartentransaktionen einnehmen.

Ausserdem laufen einige Steuersenkungen für Privatpersonen aus dem Jahr 2017 aus, und die UBS hält es für unwahrscheinlich, dass Harris diese Senkungen verlängern oder ähnliche Massnahmen einführen wird.

Harris regiert mit einem gespaltenen Kongress

UBS hält es für recht wahrscheinlich, dass Harris im Fall eines Wahlsieges zwar mit einer demokratischen Mehrheit im Repräsentantenhaus arbeiten kann, während der Senat republikanisch geführt wird. In diesem Szenario eines gespaltenen Kongresses rechnet die Bank mit deutlich begrenzteren politischen Veränderungen und daher auch mit geringeren Auswirkungen auf die Börsen.

Denn die Auswirkungen auf die Makroökonomie wären in diesem Szenario geringer als bei einem Blue Sweep. So könnten die Steuern für einkommensstarke Haushalte zwar steigen, aber nicht in demselben Ausmass wie bei einem Blue Sweep. Auch die Unternehmenssteuern würden wohl nicht sofort erhöht. Vielmehr würde es zunächst vor allem eine strengere Überwachung der bestehenden Steuergesetze geben.

Auch die Auswirkungen auf die Aktienmärkte wären in diesem Szenario wahrscheinlich wesentlich geringer. Unternehmen, die im Bereich der grünen Energie tätig sind, würden allerdings wohl in jedem Fall profitieren. Fossile Brennstoffe und Finanzdienstleistungen könnten zwar immer noch stärker reguliert werden, aber nicht im selben Masse wie bei einem Blue Sweep.

Welche Sektoren profitieren am meisten von Kamala Harris?

Es gibt mehrere Sektoren, die in der Vergangenheit unter einem demokratischen Präsidenten eine Outperformance erzielt haben. Es wird erwartet, dass Kamala Harris der Parteilinie folgt und dass diese Sektoren auch unter ihr gut abschneiden werden.

Demokratische Präsidenten haben beispielsweise schon in der Vergangenheit erneuerbare Energiequellen gefördert. So verabschiedete Joe Biden im Jahr 2022 beispielsweise den sogenannten Inflation Reduction Act. Der Inflation Reduction Act ist eines der bedeutendsten Klimagesetze in der Geschichte der USA und enthält umfassende Massnahmen, um die Wirtschaft nachhaltiger zu gestalten. Unternehmen, die sich auf grüne Energie konzentrieren, dürften deshalb von einer demokratischen Präsidentin profitieren.

Demokratische Präsidenten konzentrieren sich auch oft auf grosse Infrastrukturprojekte. Bidens jüngstes Infrastrukturpaket, das Milliarden in Strassen, Brücken und den öffentlichen Verkehr investiert, ist ein gutes Beispiel dafür. Darüber hinaus hat Harris bereits erklärt, dass sie in ihrer ersten Amtszeit 3 Mio. neue Häuser bauen lassen will. Ein solches staatliches Programm würde Arbeitsplätze schaffen und die Wirtschaft ankurbeln.

Schliesslich profitiert auch der Konsumgütersektor oft von einer demokratischen Regierung. Demokratische Präsidenten haben in der Vergangenheit Massnahmen ergriffen, um die Kaufkraft der Mittelschicht zu erhöhen. Ein höheres verfügbares Einkommen ermöglicht es dieser Bevölkerungsgruppe, mehr für Konsumgüter auszugeben.

Welche Sektoren stehen bei Harris eher im Abseits?

Unter demokratischen Präsidenten könnte das Wachstum einiger Sektoren durch mehr Vorschriften, Steuern oder Massnahmen gehemmt werden. Die folgenden Sektoren entwickeln sich unter einer demokratisch geführten Regierung tendenziell weniger gut.

Da demokratische Präsidenten ihren Schwerpunkt auf grüne Energie legen, schneiden klassische Energiekonzerne, insbesondere Öl- und Gasproduzenten, oft weniger gut ab. Sowohl Obama als auch Biden haben einerseits strengere Umweltvorschriften eingeführt und andererseits Investitionen in erneuerbare Energien gefördert.

Und dann ist da noch der Finanzsektor. Demokratische Präsidentschaftskandidaten werfen den Republikanern oft vor, sie stünden der Wall Street zu nahe. Die Demokraten sind im Allgemeinen eher für strengere Finanzmarktvorschriften und sträuben sich gegen Deregulierung. So hatte die Biden-Regierung Vorschläge für mehr Transparenz bei Hedge-Fonds gemacht und sich für eine Erhöhung des von den Banken vorzuhaltenden Kapitals stark gemacht. Obwohl Harris sich bisher nicht als grosse Befürworterin einer stärkeren Regulierung profiliert hat, gehen Analysten davon aus, dass sie Bidens Agenda in diesem Bereich weiterverfolgen wird. Auch Finanzdienstleistungsunternehmen wie Visa und Mastercard könnten von der möglichen Verabschiedung des bereits erwähnten Kreditkartenwettbewerbsgesetzes betroffen sein.

Zu guter Letzt könnte auch der Pharmasektor unter einer neuen demokratischen Regierung mit mehr Regulierung und Preisdruck konfrontiert werden. Gesetze, die auf die Senkung der Arzneimittelpreise und die Erweiterung des Zugangs zur Gesundheitsversorgung abzielen, wie z. B. die Möglichkeit für Medicare, Arzneimittelpreise auszuhandeln, könnten die Rentabilität der Pharmaunternehmen beeinträchtigen und Investitionen in den Sektor bremsen.

Die Politik der Federal Reserve und ihre Auswirkungen

Studien haben in der Vergangenheit wiederholt gezeigt, dass die Partei, die das Weisse Haus besetzt, nicht der wichtigste Faktor für die Aktienmärkte ist. Viel wichtiger ist die von der Zentralbank verfolgte Politik. Denn die Federal Reserve entscheidet über die Zinssätze und kann damit die Wirtschaft entweder ankurbeln oder bremsen.

Zentralbanken sind neutrale Institutionen. Das heisst, sie treffen ihre Entscheidungen völlig eigenständig und sollten nicht von politischen Motiven beeinflusst werden. In der Praxis ist dies jedoch nicht immer der Fall. Nehmen wir zum Beispiel die Türkei. Präsident Erdoğan hat bereits mehrfach den Vorsitzenden der türkischen Zentralbank entlassen, weil dieser sich seinen Ansichten über die Wirtschaft nicht anschliessen wollte.

Bislang beschränkte sich der Einfluss eines US-Präsidenten auf die Federal Reserve weitgehend auf die Ernennung des Vorsitzenden und des Vorstands. Trump hat jedoch bereits in der Vergangenheit verkündet, dass er gerne eine direktere Rolle bei der Festlegung der Zinssätze durch die Federal Reserve spielen würde. Er erklärte, dass er mit der traditionellen Politik brechen könnte, um die Abhängigkeit von der Zentralbank zu verringern.

Harris hingegen sagte Reuters-Reportern, dass die Zentralbank eine unabhängige Institution sei und dies auch bleiben solle. Sie hat daher nicht vor, in die Politik der Federal Reserve einzugreifen, falls sie im November zur neuen Präsidentin gewählt wird.

Veränderung des Fed Leitzinses in Wahljahren in Prozent | Online Broker LYNX
Veränderung des Fed Leitzinses in Wahljahren in Prozent | Quelle: JPMorgan

Die Beziehungen zu China

China und die Vereinigten Staaten waren noch nie die besten Freunde. Dennoch sind sie heute gegenseitig die wichtigsten Handelspartner.

Die Vereinigten Staaten sind jedoch besorgt über ihre Position als grösste Volkswirtschaft der Welt und wollen daher das Wachstum Chinas nicht mehr so stark unterstützen wie früher. Donald Trump begann in seiner Amtszeit, Handelszölle und -beschränkungen auf chinesische Produkte zu verhängen. Als Joe Biden das Weisse Haus betrat, wurde der Ton etwas milder und diplomatischer. Er behielt die meisten Beschränkungen und Zölle jedoch nicht nur bei, sondern führte auch zusätzliche Massnahmen ein. Demnach sehen sowohl Demokraten als auch Republikaner China als grosse Bedrohung, die im Auge behalten werden sollte.

Dem Wirtschaftswissenschaftler Stephen Roach zufolge scheint Harris zwar nicht die Absicht zu haben, die derzeitigen Handelszölle wieder zu erhöhen, aber eine Senkung oder Abschaffung der Zölle stünde wohl auch nicht unmittelbar bevor.

Während Harris nicht geneigt ist, den Konflikt mit China zu lösen, könnte ihr Vizepräsidentschaftskandidat Tim Walz jedoch für einen Durchbruch sorgen. Walz hat eine besondere Beziehung zu China und hat das Land bereits mehrfach besucht. Im Jahr 1994 beschloss er sogar, dort zu heiraten. Neben seiner Besorgnis über die Menschenrechte und die chinesische Militäraggression im Südchinesischen Meer betonte Walz auch die Bedeutung einer dauerhaften Beziehung zwischen den Vereinigten Staaten und China. Er plädierte dafür, dass die beiden Länder im Dialog bleiben sollten, um die Stabilität in der Welt zu gewährleisten.

Die Beziehungen zu Europa

Während der ersten Amtszeit von Donald Trump wurde auch die Europäische Union in eine Art Handelskrieg mit den Vereinigten Staaten verwickelt. Trump erhöhte die Zölle auf Stahl und Aluminium aus der Europäischen Union. Daraufhin ergriff die Europäische Union Gegenmassnahmen und führte unter anderem Einfuhrzölle auf Whisky und Jeans ein.

Joe Biden verbesserte die Beziehungen zwischen den Vereinigten Staaten und der Europäischen Union anschliessend wieder. Es wird erwartet, dass auch Kamala Harris versuchen wird, die freundschaftlichen Beziehungen aufrechtzuerhalten.

Harris hat bereits angekündigt, dass sie die Ukraine weiterhin in ihrem Kampf gegen Russland unterstützen wird. Trump hingegen ist der Meinung, dass Europa mehr für die Ukraine tun und sich auch sonst mehr um seine eigene Sicherheit kümmern sollte. Harris hingegen wird sich auch weiterhin für die NATO einsetzen, während Trump wiederholt damit gedroht hat, das Bündnis zu verlassen.

Wirtschaftswachstum unter Harris

Laut der Investmentbank Goldman Sachs wird die US-Wirtschaft am stärksten wachsen, wenn Kamala Harris neue Präsidentin des Landes wird und dabei auch den Kongress erobert.

Denn eine neue Amtszeit von Trump würde neue Handelszölle und eine strengere Einwanderungspolitik mit sich bringen, so die Bank. Eine strengere Einwanderungspolitik würde den Arbeitskräftemangel weiter verschärfen, was die Unternehmen zwingen könnte, die Löhne deutlich zu erhöhen. Dieses Szenario könnte laut Goldman Sachs bereits im zweiten Quartal 2025 zu einer BIP-Schrumpfung von 0,5 % führen.

Im Falle eines demokratischen Wahlsiegs würde es auf der einen Seite Steuererleichterungen für die Mittelschicht und auf der anderen Seite – aufgrund höherer Unternehmenssteuern – geringere Investitionen geben. Die Einnahmen aus den erhöhten Unternehmenssteuern würden die Steuererleichterungen ausgleichen. Bei diesem Szenario rechnet die Bank allerdings mit einem geringen Wachstum der Wirtschaft in den Jahren 2025 und 2026.

Inflation

Obwohl sich die Inflation in den letzten Monaten wieder auf ein einigermassen erträgliches Niveau einpendelte, haben beide Präsidentschaftskandidaten grosse Angst vor einem weiteren Anstieg der Inflation. Denn die Verbraucher spüren in ihrem Geldbeutel sofort, wenn ihr Einkaufswagen Monat für Monat teurer wird.

Nach der Pandemie stieg die Inflation stark an und erreichte in den Vereinigten Staaten einen Höchststand von 9 %. Folglich ist das Leben jetzt viel teurer als vor der Pandemie. Sowohl Harris als auch Trump versprechen, die Preissteigerungen zu senken.

Harris zufolge ist die Marktmacht grosser Konzerne eine der Hauptursachen für den raschen Preisanstieg bei den täglich benötigten Produkten. Sie argumentiert, dass die Unternehmen ihre Preise problemlos anheben können, weil die Verbraucher mangels Alternativen gezwungen sind, ihre Produkte weiterhin zu kaufen. Dies wird auch als „price gouging“ (deutsch: Preiswucher) bezeichnet. Um zu verhindern, dass die Preise weiter steigen, schlägt Harris ein Verbot von Preiserhöhungen für bestimmte Produkte vor. Zu den Produkten würden vor allem Produkte des täglichen Bedarfs, wie Lebensmittel gehören.

Daneben will Harris auch etwas gegen die stark steigenden Wohnungspreise unternehmen. Harris’ Plan sieht Steuererleichterungen für Unternehmen vor, die Einsteigerwohnungen und erschwingliche Wohnungen bauen, sowie einen Zuschuss für Erstkäufer von Wohnungen.

Trotz der von Harris angekündigten Massnahmen, gehen mehrere Wirtschaftsexperten davon aus, dass die Inflation noch eine Weile über 2 % liegen wird. Moody’s geht davon aus, dass die Inflation bis 2025 bei etwa 2,4 % liegen dürfte.

Preiswucher

Wir haben das Thema Preiswucher zwar bereits erwähnt, aber möchten noch etwas ausführlicher darauf eingehen. Als Harris den Plan zur Unterbindung der Preistreiberei auf Kosten der Verbraucher vorschlug, hatte sie sofort viele Befürworter, aber gleichzeitig waren auch viele Menschen über eine solche Art der staatlichen Einmischung entsetzt.

Preiswucher ist ein Begriff, der sich auf die unethische Erhöhung der Preise für Waren oder Dienstleistungen bezieht, insbesondere in Krisensituationen wie Katastrophen, Kriegen oder Pandemien, wenn die Nachfrage nach bestimmten Produkten plötzlich stark ansteigt. Oft handelt es sich um lebenswichtige Güter wie Lebensmittel, Wasser, Medikamente, Treibstoff oder medizinische Versorgung. Während moderate Preiserhöhungen in einer freien Marktwirtschaft normal sind, handelt es sich bei Preiswucher um ungerechtfertigte Preiserhöhungen. Diese stehen in keinem Zusammenhang mit höheren Kosten und dienen lediglich der Gewinnmaximierung in einer Situation der Knappheit oder Not.

Kamala Harris will dieser Praxis ein Ende setzen, indem sie Gesetze verabschiedet, die Verbraucher vor solchen Praktiken schützen und sicherstellen, dass lebenswichtige Güter erschwinglich bleiben.

Diese Pläne haben sofort Aufsehen erregt. Kritiker argumentierten, dass Harris auf diese Weise zu sehr in den freien Markt eingreifen würde. Harris’ Pläne, Preisgrenzen festzulegen, würden die Marktdynamik stören und könnten erst recht zu Engpässen führen, so die Kritiker.

Ein weiterer Kritikpunkt an Harris’ geplanter Gesetzgebung ist, dass die Definition von Preisübertreibungen oft vage oder subjektiv ist. Was genau als unethisch hohe Preise gilt, ist objektiv schwer zu bestimmen. Wenn die Rechtsvorschriften zu weit gefasst oder vage sind, könnten sich Unternehmen aufgrund mangelnder Klarheit in einem rechtlichen Schwebezustand befinden. Dies könnte eine abschreckende Wirkung auf die Unternehmen haben, so dass sie weniger geneigt wären, bestimmte Produkte in Krisenzeiten zu verkaufen.

Ausserdem kann die Beschränkung von Preiserhöhungen während einer Krise unbeabsichtigte wirtschaftliche Folgen haben. Die Gegner argumentieren, dass eine Beschränkung von Preiserhöhungen während einer Krise zu Engpässen und Schwarzmärkten führen könnte. Wenn die Unternehmen die Preise nicht frei erhöhen dürfen, so könnten sie beschliessen, ihr Angebot zu reduzieren oder sogar ganz aus einem Markt auszusteigen. Dadurch würde die Verfügbarkeit lebenswichtiger Güter weiter eingeschränkt.

Staatsverschuldung

Mit über 35 Bio. USD haben die Vereinigten Staaten bereits jetzt die höchste Staatsverschuldung der Welt. Diese gigantische Verschuldung führt dazu, dass das Land jährlich mehr als 1 Bio. USD an Zinsen bezahlen muss. Doch jeder USD, der für Zinszahlungen ausgegeben wird, kann nicht mehr zur Finanzierung notwendiger Investitionen im Gesundheitswesen oder in anderen Bereichen verwendet werden.

Derzeit sind die Finanzmärkte nicht allzu besorgt über die hohe Verschuldungsquote der Vereinigten Staaten, aber diese Stimmung könnte sich bald ändern. Dennoch planen beide Präsidentschaftskandidaten, die Staatsverschuldung während ihrer Amtszeit weiter zu erhöhen.

Vergleicht man die beiden Pläne, so zeigt sich, dass Kamala Harris das Defizit wohl weniger stark ansteigen lassen würde als Donald Trump. Harris’ Pläne könnten die Schulden in den nächsten 10 Jahren um 1.200 bis 1.700 Mrd. USD erhöhen. Schätzungen zu Trumps Plänen gehen jedoch von einem Anstieg von mehr als 4.000 Mrd. USD aus, wie eine Analyse von CNBC zeigt.

Wie reagieren die Investoren auf eine US-Präsidentin Harris?

Insgesamt ist die Stimmung der Anleger bezüglich einer Harris-Präsidentschaft weder einheitlich positiv noch negativ.

Es gibt mehrere Sektoren, die profitieren könnten, aber auch solche, die es eher schwerer haben könnten. Die Konzentration auf grüne Energie und verschiedene Infrastrukturprojekte könnte den Unternehmen in diesem Sektor Auftrieb geben. Die vorgeschlagenen Steuererhöhungen für Grosskonzerne und das Verbot ungerechtfertigter Preiserhöhungen werden sich dagegen negativ auf die Unternehmensgewinne auswirken. 

Auf den ersten Blick wäre wohl Donald Trump die bessere Wahl für die Anleger. Trump ist ein grosser Fan der Deregulierung und möchte, dass die Finanzmärkte weitgehend unabhängig und ohne zu viel staatliche Einmischung funktionieren. Darüber hinaus plant Harris einige Massnahmen, die den Unternehmen kurzfristig schaden könnten. Dieses Risiko sollten Anleger bei ihren Investmententscheidungen berücksichtigen. Investoren mögen keine schlechten Nachrichten, aber was sie noch weniger mögen, ist Unsicherheit. Trump hat bereits während seiner vorherigen Amtszeit und auch im aktuellen Wahlkampf bewiesen, dass er recht unberechenbar ist. Die Aktienmärkte spiegeln dies mit einer erhöhten Volatilität (Schwankungsbreite) wider.

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Quellen:
Reuters: A Harris presidency would carry baton on financial industry crackdown (07.10.2024); https://www.reuters.com/world/us/harris-presidency-would-carry-baton-financial-industry-crackdown-2024-07-23/
Project Syndicate: US-China Relations after America’s Election (07.10.2024); https://www.project-syndicate.org/onpoint/us-china-relations-after-america-s-election
JPMorgan: Change in Fed funds rate during election years, % (27.09.2024); https://privatebank.jpmorgan.com/nam/en/insights/markets-and-investing/ideas-and-insights/election-year-investing-jitters-considerations-that-could-set-you-at-ease
Reuters: Harris says she would never interfere in Fed independence(07.10.2024); https://www.reuters.com/world/us/harris-says-fed-is-independent-she-would-never-interfere-its-decisions-2024-08-10/
ABC News: Harris unveils economic plans on inflation, housing. Here’s what economists think (07.10.2024); https://abcnews.go.com/Business/harris-unveils-economic-plans-inflation-housing-economists/story?id=112892305
Reuters: Goldman Sachs sees biggest boost to US economy from Harris win (07.10.2024); https://www.reuters.com/world/us/goldman-sachs-sees-biggest-boost-us-economy-harris-win-2024-09-04/
UBS: Scenario analysis ElectionWatch 2024 (07.10.2024); https://www.ubs.com/global/en/wealth-management/insights/chief-investment-office/us-elections/2024/scenario-analysis.html#blue-sweephttps://think.ing.com/articles/us-presidential-election-three-scenarios-for-markets/
Bloomberg: The Billionaire Backers (07.10.2024); https://www.bloomberg.com/features/2024-billionaire-donors-us-election/?utm_source=Iterable&utm_medium=email&utm_campaign=&utm_term=14504500&utm_source=subs-email&utm_campaign=202409_BATC_winb_eng_Billionaire_Backers_election_202409_BATC_winb_eng_Billionaire_Backers_election&utm_medium=email&utm_content=11020504
CNBC: Trump budget would spike deficits by nearly 5 times Harris proposal, says Penn Wharton (07.10.2024); https://www.cnbc.com/2024/08/27/trump-harris-budget-deficit-economy-election.html

Redaktionelle Credits: lev radin / Shutterstock.com


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