Vorsicht Falle: Diese 5 Denkfehler gilt es an der Börse zu vermeiden!

von Ronald Gehrt

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Vorsicht Falle: Welche Denkfehler Sie an der Börse vermeiden sollten

„Unverhofft kommt oft“ ist ein Spruch, der an der Börse öfter als anderswo zutrifft. Immer wieder stehen wir als Anleger vor Entwicklungen, bei denen man sicher ist, dass sie völlig unvorhersehbar waren. Manchmal ist das wirklich so. Oft aber stellt man sich als Investor selbst ein Bein. Denn an der Börse gehen die Uhren in vielerlei Hinsicht anders als ausserhalb der Börsensäle. Und nur, wer sich dessen bewusst ist und in den „richtigen“ Bahnen denkt und handelt, fällt nicht in Gruben, die er/sie sich selbst gegraben hat. Die fünf markantesten Bereiche, in denen vielen Anlegern immer wieder brandgefährliche Denkfehler unterlaufen, haben wir für Sie im Folgenden aufgelistet:

Denkfehler 1: Nie glauben, die anderen wären nicht ebenfalls schlau

Die meisten Marktteilnehmer tun es gar nicht bewusst. Aber wenn man etwas gar nicht wahrnimmt, kann man es erst recht schwer als Fehler erkennen. Umso wichtiger ist, sich bewusst zu werden, dass die „anderen“, sprich die Millionen Marktteilnehmer weltweit ausser Ihnen, ebenso Ziele verfolgen und sich dafür Strategien zurechtlegen. Was dazu führen kann, dass zwar nahezu alle glauben, mit bestimmten Aktionen besonders clever zu sein, dabei dann aber auf die Nase fallen. Warum? Weil zu viele andere genau dasselbe getan haben und der Markt dann, wenn Sie mit einer gewinnbringenden Reaktion rechnen, genau gegensätzlich reagiert, weil alle bereits im Vorfeld auf etwas gesetzt haben. Beispiel:

Quartalszahlen – oder andere Ereignisse, die einen vorab fixierten Termin haben, bei dem die Anleger davon ausgehen können, dass kräftige Kursbewegungen auftreten werden. So z.B. Arbeitsmarktdaten, Notenbankentscheidungen oder Wahlen. Oft entwickelt sich im Vorfeld eine bestimmte Erwartungshaltung. Es entsteht eine Mehrheit, die a) eine konkrete Erwartung dahingehend hat, wie dieses Ereignis ausfallen wird und b) wie die Kurse darauf reagieren werden. Und da lauert auch schon die Falle:

Wenn alle dasselbe denken, kann es in der Tat sein, dass genau das auch passiert. Aber wenn zu viele glauben, besonders gewitzt zu sein, indem sie auf ihre Erwartung hin bereits im Vorfeld kaufen oder verkaufen, passiert nicht selten das genaue Gegenteil! Sehen wir uns das am Beispiel der Alphabet C-Aktie (vormals Google) an:

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Am Abend des 1. Februar 2018 wurden die Ergebnisse des ersten Quartals veröffentlicht. Grundsätzlich ging man davon aus, dass diese Zahlen ganz hervorragend ausfallen würden. Was auch davon beeinflusst wurde, dass der Gesamtmarkt bis Ende Januar immens gestiegen war. Die Stimmung war allgemein sehr gut, fast schon euphorisch. Das führte zu einem fatalen, von zu vielen begangenen Fehler:

Zu viele kauften die Alphabet-Aktie bereits im Vorfeld. Sie wollten bereits im Boot sein, wenn es als Reaktion auf die starken Quartalsergebnisse zu einem Kurssprung kommen würde. Dann kamen die Zahlen – und die Aktie brach ein. In nur wenigen Tagen verlor Alphabet C satte 15 Prozent. Wieso? Weil die Quartalsbilanz wider Erwarten doch schlecht ausgefallen war? Nein! Die Ergebnisse waren durchaus gut. Aber sie lagen nicht meilenweit über den Erwartungen. Und „nur“ gut war nicht gut genug, weil so viele Anleger die Aktie schon vor den Zahlen gekauft hatten, dass „dem Markt die Käufer ausgingen“, wie man an der Börse sagt.

Auf der einen Seite standen zahlreiche „Vorkäufer“, die darauf warteten, in einen Kurssprung hinein ihre Gewinne mitzunehmen. Aber auf der Käuferseite standen zu wenige, zu viele hatten vorgekauft. Das wäre anders geworden, hätte Alphabet extrem über den Prognosen liegende Ergebnisse geliefert, dann wären sicherlich weitere Käufer aufgetaucht. So aber wurde die Erwartung eben „nur“ erfüllt. Diejenigen, die auf den Kurssprung warteten, stiegen sofort aus, als sie realisierten, dass der Sprung ausblieb. Und so fiel die Aktie, gerade weil zu viele dachten, dass sie mit Vorkäufen einen sicheren Schnitt machen würden!

Denkfehler 2: Die Masse hat immer Recht? Hat sie nicht!

Immer noch geistert eine alte Börsenweisheit herum: Die Kurse am Markt sind immer „korrekt“. Es kann gar kein „zu billig“ oder „zu teuer“ geben, weil jedermann Zugang zu allen relevanten Informationen hat und so die Reaktion der Marktteilnehmer in ihrer Gesamtheit automatisch den „korrekten“ Kurs als Ergebnis von positiven und negativen Einschätzungen erzeugt. Davon mal abgesehen, dass keineswegs jeder Zugang zu allem hat, was andere Investoren womöglich wissen, bringt diese Regel insofern nichts, weil man ja nicht wissen kann, ob morgen nicht Informationen kommen, die wieder alles ändern. Aber sie verleitet zu einem gefährlichen Trugschluss:

Zu glauben, die „Masse“ habe immer Recht. Ein schönes Beispiel dafür ist die unvergessene Super-Hausse der europäischen Aktienindizes im Herbst 2014. Damals hatte die Europäische Zentralbank EZB durchblicken lassen, dass sie erwäge, die bis dahin wenig effektiven Stützungskäufe am Anleihemarkt auf die europäischen Staatsanleihen auszuweiten. Das führte zu einer sechs Monate anhaltenden Kaufwelle, die den DAX fast 50 Prozent in die Höhe katapultierte. All diese Käufer – bei einem Anstieg von 50 Prozent die erdrückende Mehrheit – waren felsenfest davon überzeugt, dass diese Staatsanleihekäufe, die im März 2015 dann begannen, das Wachstum der Eurozone massiv steigern und den Aktienmarkt durch die Decke gehen lassen würden, weil damit die Alternative des Anleihemarkts komplett wegbrechen würde. Man lag falsch.

Denkfehler an der Börse Nummer 2: Die Masse hat immer Recht? Hat sie nicht! - Chart DAX Entwicklung September 2014 bis Februar 2016

Der Chart zeigt, dass diese Hausse bald nach Beginn dieser Staatsanleihekäufe endete. Zunächst waren das nur Gewinnmitnahmen. Aber ab dem Sommer 2015 wurde immer deutlicher, dass der erwartete, grosse Wachstumseffekt ausblieb. Die Mehrheit hatte komplett aufs falsche Pferd gesetzt. Und das passiert immer wieder. Der Grund: Meinungen verbreiten sich an der Börse anders als ausserhalb der Märkte mit einem zusätzlichen „Booster“: Den Kursen selbst. Wer eine Meinung hat, handelt danach. Das bewegt die Kurse in die „richtige“ Richtung. Das wiederum wertet man als Beweis dafür, dass die eigene Meinung richtig ist – und immer mehr andere Marktteilnehmer sehen z.B. beim DAX die seit Herbst 2014 steigenden Kurse und glauben, dass sie der Beleg dafür seien, dass eintritt, was die, die bereits eingestiegen sind, erwarten – sonst würden die Kurse ja nicht steigen.

Hier wird also aus dem Effekt eigenen Handelns ein Beleg für die Richtigkeit einer das Handeln auslösenden Meinung abgeleitet – ein logisch unzulässiger, aber psychologisch nachvollziehbarer Fehler, vor dem Sie sich hüten sollten!

Denkfehler 3: Die Nachrichten machen die Kurse? Es ist oft umgekehrt!

Hier kommen wir zu einem Denkfehler, der durch die mediale Berichterstattung noch gefördert wird. Ob an der Wall Street oder hierzulande, permanent bringen die Medien Kursbewegungen mit aktuellen Nachrichten in unmittelbare Verbindung. Es wird der Eindruck erweckt, dass die Anleger allesamt wie Roboter auf neue Nachrichten reagieren. Und zwar so, wie die Medien das zurechtbiegen. Denn wer genauer hinsieht erkennt: Bisweilen wirken die Argumente, warum ein Kurs wegen dieser oder jener Nachricht steigen oder fallen soll, völlig absurd!

Der Hintergrund mag darin liegen, dass man den Eindruck vermeiden will, dass die Börsen sich vor allem anhand der Aktivitäten grosser Adressen bewegen (als ob das nicht jedem Investor klar wäre oder das jemand als Problem ansehen würde), man als Anleger also gar keinen Einfluss hat, ob es auf- oder abwärts geht. Hinzu könnte kommen, dass sich Börsenkommentatoren selbst arbeitslos machen, wenn allgemein bekannt wäre, dass die von ihnen vorgetragenen und mit dem Kursgeschehen in Zusammenhang gebrachten Nachrichten meist gar keine Rolle spielen. Um es klar zu unterstreichen: Es ist durchaus nicht selten der Fall, dass Nachrichten die Kurse „machen“. Aber oft ist es so, dass die Kurse die Nachrichten machen, d.h. die Interpretation von Nachrichten so „zurechtgebogen“ wird, dass sie zum Kursgeschehen passen. Und dann bewegen sich alle, die diesen in Wahrheit für die Bewegungen gar nicht verantwortlichen Nachrichten folgen, auf dem Holzweg … und ziehen falsche Schlüsse, die teuer zu stehen kommen können!

Auch hierfür gibt es ein ganz besonders markantes Beispiel: Die Reaktion der Aktienmärkte auf den Sieg Trumps in der US-Präsidentschaftswahl am 8. November 2016. Sehen wir uns dazu den Chart des marktbreiten US-Index Standard & Poor’s 500 (kurz S&P 500) an:

Denkfehler an der Börse Nummer 3: Die Nachrichten machen die Kurse? Es ist oft umgekehrt! - Chart S&P500 LYNX Broker

Sie sehen, dass es im Vorfeld der Wahl mit dem S&P 500 abwärts ging. Da dachte man noch, Clinton würde gewinnen. Aber nichtsdestotrotz war man mit ganz grosser Mehrheit der Ansicht: Sollte Trump gewinnen, wäre das noch schlechter für die Börsen, weil dessen Pläne nur auf einen kurzen Wachstumseffekt zielen und mittel- und langfristig mehr Probleme entstehen lassen als lösen würden. Doch am Tag nach der Wahl schoss der Index bis zum Handelsende steil nach oben. Hatten die Skeptiker alle gemeinsam binnen nur eines Tages ihre Meinung geändert? War der Trump, den man zuvor als schlecht für den Aktienmarkt einstufte, auf einmal genau das Gegenteil?

Es sah zwar so aus. Und genau so wurde das dann auch in den Medien propagiert. Was dazu führte, dass viele die Rallye als Beweis dafür sahen, dass es ja so sein muss – siehe Denkfehler Nummer 2 – und auf den Zug aufsprangen. Aber so war es eben nicht. Was dieser Chart nicht zeigen kann, die meisten von Ihnen aber sicherlich noch in Erinnerung haben:

Als um sechs Uhr Früh unserer Zeit am Morgen des 9. November plötzlich klar wurde, dass nicht Clinton, sondern Trump gewonnen hat, brachen die US-Aktienindex-Futures scharf ein. Der Dollar fiel, Gold explodierte fast. Panik drohte auszubrechen. Alle versuchten, für die USA mitten in der Nacht, irgendwie aus dem Aktienmarkt herauszukommen. Doch dann drehten die Index-Futures wie von Geisterhand und stiegen extrem schnell. Was war aber passiert? Der oben erwähnte, kollektive Meinungsschwenk binnen Minuten? Natürlich nicht. Wie sollte so etwas möglich sein?

Nein, da warfen grosse Adressen in den USA … Fonds, Pensionskassen, Hedgefonds … ihre Barreserven in den Ring und kauften, was das Zeug hielt, um so die Kurse zu stabilisieren und einen Crash zu verhindern. Das führte zu dieser Rallye, nicht irgendwelche Begeisterung über den unerwarteten Wahlsieg. Dass man Donald Trump seitens der Anleger mit Begeisterung empfange, was somit ein typischer Fall, in dem die Kurse die Nachrichten formen statt umgekehrt. Dass diese Fehlinterpretation bis heute bei vielen anhält, liegt daran, dass auch die Hausse noch weitergeht. Aber wir wissen ja: Die Masse hat am Ende nicht immer recht.

Denkfehler 4: „Teuer“ und „billig“ sind objektive Einschätzungen? Mitnichten!

Wenn es um bewegliche Preise geht, kommt man als Mensch nicht darum herum, diese irgendwie zu bewerten. Manches erscheint einem „billig“, anderes „teuer“. Das ist ausserhalb der Börse ja nicht anders. So betrachtet man sich z.B. Preise für Kleidung, Häuser, Autos und bewertet sie als hoch oder niedrig. Man hat ja auch gewisse Erfahrungs- und Vergleichswerte. Es wundert daher nicht, dass Anleger an der Börse ebenso vorgehen. Aber das führt allzu oft aufs Glatteis, denn:

Zum einen hat man bei Indizes und Aktien keineswegs einen Einblick in alle kursrelevanten Faktoren wie z.B. bei der Preiseinschätzung einer Jeanshose. Zum anderen unterliegt die Preisgestaltung an der Börse nicht objektiven, sondern subjektiven Faktoren: Der jeweiligen, oft nicht von Fakten, sondern von Emotionen gelenkten Einschätzungen der zahllosen Marktteilnehmer. Wenn die Mehrheit der Anleger Ihre Meinung nicht teilt, kann eine für Sie „teuer“ erscheinende Aktie immer noch teurer werden. amazon.com oder die hier als Chart abgebildete Netflix sind dafür gute Beispiele:

Denkfehler an der Börse Nummer4: „Teuer“ und „billig“ sind an der Börse keine tauglichen Einschätzungen! Beispiel Netflix-Chart November 2016 bis März 2018

Als „teuer“ werden diese Aktien seit Jahren angesehen. Und ja, würde man alleine klassische Bewertungsmassstäbe wie das Kurs/Gewinn-Verhältnis betrachten, sind sie auch seit Langem teuer. Aber Netflix‘ Aufwärtstrend bleibt stabil, wird sogar immer steiler. Wer sich zu sehr an Einschätzungen wie „teuer“ oder „billig“ orientiert, egal, ob man da die allgemeine Meinung übernimmt oder alleine zu diesem Schluss kommt, würde zu oft viel zu früh Gewinne mitnehmen oder im Fall fallender Kurse und einer „billig“-Einschätzung mit dieser Meinung in fallende Kurse hinein kaufen und feststellen, dass die noch viel weiter fallen können. Versuchen Sie daher, sich von solchen subjektiven Einschätzungen zu lösen, agieren Sie nach dem, was die Kurse ihnen an Chancen vorgeben, indem sie pragmatisch mit den Werkzeugen der Technischen Analyse agieren!

Diese 5 Trading Regeln sollten Sie unbedingt beherrschen

Denkfehler 5: Sie haben die Lage fest im Griff? Glauben Sie das nicht!

Unverhofft kommt oft an der Börse. Aber über die meiste Zeit hinweg bewegen sich die Märkte doch in relativ ruhigen Bahnen. In solchen Phasen neigen viele Anleger dazu zu glauben, sie hätten „den Markt im Griff“, würden wissen, wie es weitergeht und was zu tun ist. Es ist wie das Verhalten der Menschen in Bezug auf Erdbeben: Je länger ein solches fatales Ereignis her ist, desto mehr Menschen denken, dass ihnen nichts passieren kann. Man denke nur an die wachsenden Metropolen San Francisco und Los Angeles. An der Börse ist es nicht anders.

Hier ist es ausnahmsweise doch ganz genauso wie ausserhalb  der Börse: Ruhige Fahrwasser und regelmässige kleine Erfolge machen satt und schläfrig. Doch wer nicht stets wachsam bleibt, reagiert leicht völlig verkehrt, wenn etwas passiert, mit dem vorher nicht zu rechnen war, das völlig ausserhalb dieses ruhigen Fahrwassers liegt. Als gutes Beispiel liesse sich er hier gezeigte Kursverlauf der Chip-Aktie Dialog Semiconductor nehmen:

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Im Herbst 2017 bracht die Aktie in kürzester Zeit scharf ein. Zuvor hatte es zwar im April das Gerücht gegeben, Apple könnte als Grosskunde des Chipherstellers abspringen. Aber der damalige Kurseinbruch wurde recht schnell wieder aufgeholt. Viele waren längst wieder eingestiegen. Und dann das. Die Aktie brach in kürzester Zeit scharf ein. Was tut ein Anleger, der mit so etwas absolut nicht rechnet, nicht wachsam war? Meist das Falsche.

Wie viele mögen in dieser Situation ihre Stoppkurse ignoriert haben, weil sie angesichts der Vehemenz der Bewegung emotional reagierten und hofften, die Aktie werde sich ebenso schnell fangen und wieder steigen, wie das im April geschehen war? Wie viele haben dann wiederum, nachdem sie den Stoppkurs gestrichen hatten, statt ihn umzusetzen, auch noch in die fallenden Kurse hinein zugekauft, um den Einstandskurs zu verringern und sich so, völlig irrational, besser zu fühlen? Heute, im April 2018, notiert diese Aktie noch einmal tiefer. Unser Rat:

Es kann immer und in jedem Markt zu Entwicklungen kommen, die einen völlig überraschen. Dann richtig, sprich konsequent und besonnen, zu reagieren, gelingt nur, wenn man sich jederzeit bewusst ist, dass die Börse zu jedem Zeitpunkt für Überraschungen gut ist. Zu glauben, man habe die Börse im Griff, ist der wohl am weitesten verbreitete aller Denkfehler. Bleiben Sie wachsam!

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