Lassen Sie sich den Artikel vorlesen:
|
Sell in May and go away? Werden die Bären auch die nächsten Monate dominieren? Oder kommt es diesmal anders herum, weil der DAX ja bereits bis Mai kräftig fiel? Viele dürften derzeit nach Antworten auf genau diese Fragen suchen. Aber ist das überhaupt sinnvoll?
Wenn man sich die Gesamtsituation anschaut, kommt man, nüchtern betrachtet, nicht um die Erkenntnis herum, dass es ziemlich überraschen würde, wenn sich kurzfristig etwas von Bedeutung zu Gunsten des bullischen Lagers verändern würde. Die Inflation bekommen wir so schnell nicht los. Die Lieferketten reissen immer noch, es fehlt an Chips und manchen für die Produktion verschiedenster Branchen entscheidenden Rohstoffen, die zu spät oder gar nicht kommen. Das Thema Russland ist ein Pulverfass, bei dem niemand weiss, ob die Lunte bereits brennt und wenn ja, wie lang sie ist. Und dass man damit rechnen muss, dass die Zinsen steigen werden, lässt nicht gerade wenige Verbraucher zittern und drückt auf den Konsum.
Doch wer daraus schlussfolgert, dass der DAX ohne Wenn und Aber am Jahresende weit tiefer stehen muss als heute und man daher sorgenfrei und mit hohem Einsatz à la Baisse spekulieren kann, könnte trotzdem auf der Nase landen.
Nicht, dass eine Aufwärtswende des DAX derzeit eine nennenswerte Chance hätte, nachhaltig zu sein und/oder weit zu kommen. Aber unmöglich ist eben an der Börse absolut nichts. Nicht zuletzt, weil Anleger umso emotionaler reagieren, je kritischer die Lage wird. Und weil es zumindest theoretisch durchaus die Chance auf eine wilde Kaufwelle gäbe. Sei es durch positive Wendungen in Bezug auf Russland, sei es in Bezug auf die Notenbanken. Zum Beispiel, wenn die ihre Zinsanhebungen abbrechen, weil sie sehen, dass die Wirtschaft heftiger negativ reagiert, als man das im Vorfeld dachte.
Und da man davon ausgehen muss, dass das Gros der Anleger langsam, aber sicher immer tiefer in die Verlustzone rutscht, weil die vergangenen Jahre Stoppkurse und behutsames Kapitalmanagement aus der Mode gebracht haben, könnte ein kleiner Funke reichen, um eine wilde Kaufwelle loszutreten, die jede Short-Position gnadenlos überrollen würde. Das wäre zwar dann eher nicht logisch. Aber jeder, der sich derzeit im Markt tummelt, wäre gut beraten sich zu erinnern: Logisch ist der Aktienmarkt eher selten.
Expertenmeinung: Eine Stabilisierung der Lage in Bezug auf den Ukraine-Konflikt bzw. die Russland-Sanktionen würde all die anderen Belastungsfaktoren nicht einfach wegzaubern. Bärisch wäre die Gesamtsituation dann immer noch. Aber würde die Käufer das davon abhalten, in diesem Fall umgehend mit grossem Geld zuzulangen? Eher nicht. Würden die Notenbanken feststellen, dass Zinsanhebungen fatale Folgen haben und dann sogar den Geldhahn wieder aufdrehen, das „billige Geld“ wieder in Wirtschaft und Aktienmarkt lassen, würde das mittelfristig dazu führen, dass es statt einem Ende mit Schrecken zu einem Schrecken ohne Ende käme. Aber würde das die Trader davon abhalten, den DAX ein-, zweitausend Punkte nach oben zu kaufen? Sicher nicht.
Aber was, wenn weder noch passiert? Was, wenn sich die Abwärts-Korrekturen der Jahresprognosen häufen, die langsam zahlreicher werden? Was, wenn all diejenigen, die seit Wochen immer wieder dagegenhalten, aufgeben? Wenn sie all das, was sie bislang eingesammelt haben, auf den Markt werfen und niemand dann die Hand aufhält und kaufen will? Würde der DAX dann nicht ohne weiteres bei der langfristigen Aufwärtstrendlinie landen können, die Sie im Chart auf Monatsbasis sehen und derzeit bei 10.700 Punkten verläuft? Allerdings, das könnte passieren.

Sich eine Meinung darüber zu bilden, welches Szenario eintreten wird, ist verlockend. Gerade weil man es nicht wissen kann, weil neben den nicht vorhersehbaren Rahmenbedingungen auch noch die emotionalen Wertungen und Reaktionen der Marktteilnehmer vor dem stehen, was dann am Ende beim DAX herauskommt. Hat man eine Meinung, hat man es scheinbar leichter. Man muss nicht dauernd neu nachdenken und hat entweder Glück oder kann, wenn es schiefgeht, der Börse die Schuld geben. Aber weise ist das natürlich nicht, daher:
Warum nicht einfach anhand dessen entscheiden und traden, was die Kurse an Signalen vorgeben? Natürlich könnten da Bullen- und Bärenfallen entstehen, wie z.B. diese Bullenfalle im April, als der Dax für einen Tag über die Januar-Abwärtstrendlinie lief und dann doch noch scheiterte. Aber auf der entscheidenden mittelfristigen Ebene sind die Ankerpunkte gut definiert:
Angenommen das, was der DAX seit Ende März zeigt, wäre eine konsolidierende Flagge als Basis eines zweiten, grossen Rallyeschubes nach dem im März. Dann wäre dann ein markant bullisches Signal generiert, wenn es gelingt, die Zone 14.800/15.050 Punkte zu überwinden, an der er Ende März gescheitert war. Sollte der deutsche Leitindex diese Zone „knacken“, wäre das nur dann realistisch, wenn es tatsächlich zu Rückendwind seitens der Rahmenbedingungen gekommen ist. Warum sich also im Vorfeld den Kopf darüber zerbrechen, ob und was da vielleicht kommen könnte?
Bis dahin bliebe der DAX grundsätzlich bärisch. Wobei man bestehende Short-Trades besser erst ausbauen sollte, wenn der Index das Vorwochen-Verlaufstief bei 13.566 Punkten klar und auf Schlusskursbasis bricht. Das würde aus charttechnischer Sicht den Weg in Richtung des bisherigen Jahrestiefs bei 12.439 Punkten freigeben. Und ein Test dieses Tiefs und ggf. dessen Unterschreiten wäre nur dann wahrscheinlich, wenn sich die Lage so entwickelt, dass diejenigen, die bisher auf der bullischen Seite ausharren, einen Grund haben, aufzugeben oder sogar die Seiten zu wechseln. Raten und Grübeln hilft derzeit wenig, das Umsetzen charttechnischer Signale wäre der sicherere Weg.

Sie möchten ein Depot für Ihre GmbH, AG oder UG eröffnen und Betriebsvermögen in Wertpapieren anlegen? Informieren Sie sich jetzt über unser Wertschriftendepot für Geschäftskunden: Mehr zum Firmendepot über LYNX
--- ---
--- (---%)Displaying the --- chart
Heutigen Chart anzeigen